Liebe Leserin, lieber Leser,
an diesem Wochenende bin ich im Kloster Königsmünster im Sauerland, zum regelmäßigen Quartalstreffen mit meiner Gruppe von Selbständigen und Freiberuflern. Lebensplanung und Zielverfolgung und genauso Rückschau und Veränderung sind dabei die zentralen Themen.
http://www.erfolgsschritte.de/seminare-trainings/s02_so_und_nicht_anders.php
http://www.erfolgsschritte.de/seminare-trainings/s03_ziele_update.php
Im Dezember feiern wir 10-jähriges Jubiläum in Rom. Ein Teil der Gruppe ist von Beginn an dabei. Zehn Jahre lang. Bis zu vier Treffen pro Jahr…
(Der Satz drückt es nicht ganz aus und sehen können Sie es ja nicht: Ich sitze hier in meinem Klosterzimmer am Schreibtisch, blicke versonnen aus dem Fenster in das Grün vor mir, mein Kopf wackelt ein wenig rechts-links – das ist das fast ungläubige Staunen über die 10 Jahre – und ein wenig rauf-runter – das ist die Anerkennung für die Beständigkeit der Teilnehmer. Und für meine eigene.)
Während ich mir hier Zeit zum Ankommen nehme, fällt mein Blick auch auf die Bücher im Regal. „Tage im Kloster“, heißt eines der Werke. Wie passend, denke ich. Und als „Gern-Leser“ schaue ich natürlich hinein…
Herzliche Grüße aus Jena und Meschede
Anja Palitza & Olaf Hartke
Thema: Unterwegs im Labyrinth des Lebens
Zitat: „Es lügen alle, die ihre Stunden der Dürre ableugnen, denn sie haben nichts begriffen.“ (Antoine de Saint-Exupéry, ganzer Text sh. auch unten)
Beispiel: Gleich das erste Kapitel des oben erwähnten Buches trägt den Titel „Unterwegs im Labyrinth des Lebens“ und weckt mein Interesse. Labyrinth des Lebens – das kenne ich, denke ich und überfliege die Zeilen.
Autor Nikolaus Nonn äußert in den ersten Zeilen die Vermutung, dass, wer für ein paar Tage in ein Kloster gehe, sich wohl schon vorher mehr oder minder mit dem eigenen Leben gedanklich beschäftigt habe. Und eine Erkenntnis dieses „In-sich-Gehens“ könne sein, dass das ganze Leben ein Irrgarten sei. Familie auf der einen Seite, Beruf und Arbeit auf der anderen Seite. Termine hier, Besprechungen dort. Persönliche Interessen und geselliges Miteinander.
Er schreibt weiter:
„Wir drohen innerlich zu zerreißen und sehnen uns nach einem Innehalten, einer Neuorientierung, um den Irrgarten verlassen zu können oder vielleicht um aus dem Irrgarten ein geordnetes Labyrinth entstehen zu lassen, das stetig, ohne „Irrwege“, zur Mitte und wieder aus ihr herausführt.“
Ja, das kenne ich. Zeitweise geht es mir auch so. Und genau deshalb schätze ich Anjas und meine regelmäßigen Klosteraufenthalte. Dabei komme ich innerlich zur Ruhe und finde Orientierung. Und ich vermute, der Gruppe hier geht es ebenso, sonst hätten wir gemeinsam die „www.ab-ins-kloster.de-Tage“ wohl nicht seit 10 Jahren gemeinsam gehabt.
Was ich an der Gruppe besonders schätze – und genau darum geht es mir hier – ist die Bereitschaft, die eigenen Irrwege anzusehen, offenzulegen, gemeinsam zu besprechen und über Veränderungen nachzudenken.
Wie oft höre ich in meinem Berufsalltag, dass „alles bestens ist“ und „ES super läuft“. Probleme? Nein, wieso? Alles im Griff.
Klar – im Berufsalltag kennt man sich vielleicht noch nicht so lange oder so gut und dann fehlt es möglicherweise am Vertrauen, von den eigenen Schwierigkeiten mit den Irrwegen des Lebens zu erzählen. Denn wer weiß schon, wie der Mensch gegenüber dann über einen denkt und was er mit den Informationen anstellt.
Doch immer wieder höre ich auch von Menschen, die sich anderen sehr nahe glaubten und freundschaftlich verbunden fühlten, dass sie von den Problemen des Anderen lange, lange nichts gewusst haben.
Information: Wir leben in einer Gesellschaft, in der viele von uns beigebracht bekommen haben, dass es eine richtige und eine falsche Art zu leben gibt. „Richtig“ lebt man, wenn man vermögend, wichtig, beliebt, erfolgreich und lustig ist; irgendwie „falsch“ ist es nach diesem weit verbreiteten Bild, arm, unwichtig, erfolglos, ungesellig und traurig zu sein.
Zählt man zur ersten Gruppe, teilt man es allen mit; zählt man zeitweise zur zweiten Gruppe, dann muss man wenigstens so tun, als würde man zur Ersten gehören.
Persönliche Eigenschaften oder Umstände preiszugeben, die nicht dem angestrebten Idealbild unserer Gesellschaft entsprechen, fällt vielen Menschen schwer. Manchen Menschen so schwer, dass sie nur sehr selten (oder vielleicht sogar niemals?) in ihrem Leben mit anderen darüber sprechen.
Dabei, so denken wir, ist es weniger der Austausch über Erfolge und Glücksmomente, der Menschen zu einer besonderen Verbundenheit oder zu einer emotionalen Nähe im Sinne von, „Ja, das kenne ich, so geht es mir auch manchmal.“, führt, sondern einen besondere Qualität in der menschlichen Beziehung entsteht nach unserer Erfahrung eher durch das Offenlegen aktueller Schieflagen, Umwege, Sorgen und Ängste.
Zum „Sofort-Üben“: Lassen Sie uns einmal gemeinsam überlegen: Was hält Menschen davon ab, offen und ehrlich über die Irrwege ihres Lebens zu sprechen? Wozu könnte es dienen, wenn sie es täten?
(Genau genommen überlegen wir natürlich jetzt nicht gemeinsam, denn wir haben schon überlegt. Unsere Gedanken dazu finden Sie am Ende des Coachingbriefes.)
Wochenaufgabe: Wenn Sie das nächste Mal gefragt werden, wie es Ihnen geht, dann muten Sie sich doch mal zu. Zumindest, falls es gerade einen Irrweg gibt und Sie aktuell im Labyrinth unterwegs sind.
Aktuelles: Wer erste Erfahrungen und Schritte mit dem Blickwinkel der Gewaltfreien Kommunikation machen will und gern wieder in seine eigene Kraft zurückfinden möchte, dem legen wir unseren Einführungskurs in die Gewaltfreie Kommunikation ans Herz. Am 28.-29. Oktober wird dieser in Jena stattfinden. Bei Interesse finden Sie nähere Informationen unter:
http://www.erfolgsschritte.de/seminare-trainings/termine.php
Herausgeber:
Hartke Unternehmensentwicklung GmbH
Dunlopstraße 9, 33689 Bielefeld
Fon: 05205 / 7290525 und Fax: 05205 / 7290527
© Copyright Anja Palitza, Olaf Hartke
Unser Vorschlag:
Wenn man nicht mit anderen über die eigenen Sorgen spricht, erfüllt man sich eventuell diese Bedürfnisse:
- Selbstschutz im Sinne von Wahrung eines bestimmten Bildes nach außen hin
- Zugehörig bleiben zu einer Gruppe von Menschen (Sorge vor Urteilen und Ablehnung)
- Erhalt von Verbindung und Verbundenheit zu einer Gruppe oder einer anderen Person
- Wahrung von Wertschätzung und Anerkennung
- Beitragen zum Wohlergehen anderer (Sorge um die Stimmung der anderen)
- Nochmal Selbstschutz im Sinne von „keine Ratschläge und Mitleid haben wollen“
Menschen die Ihre Themen mit anderen besprechen erfüllen sich dabei möglicherweise diese Bedürfnisse:
Entlastung, Verbindung, Nähe, Vertrauen, Gemeinschaft, Bestätigung, Unterstützung
Der Text, aus dem das obige Zitat stammt:
Es lügt der Wachposten auf den Wällen, der dir Tag und Nacht seine Liebe zur Stadt vorsingt. Er zieht dieser Liebe seine Suppe vor.
Es lügt der Dichter, der dir Tag und Nacht von der Trunkenheit seines Dichtens erzählt. Es kommt vor, dass er an Leibschmerzen leidet und ihm dann alle Gedichte gleichgültig sind.
Es lügt der Liebende, der dir vorgibt, dass Tag und Nacht das Bild seiner Geliebten in ihm wohne. Ein Floh lenkt ihn davon ab, denn ein Floh sticht, oder auch nur die Langeweile, denn dann gähnt er.
Es lügt der Heilige, der dir vormacht, dass er Tag und Nacht Gott schaue. Gott zieht sich zuweilen von ihm zurück wie das Meer. Dann ist er trockener als ein Strand voller Kieselsteine.
Es lügen alle, die ihre Stunden der Dürre ableugnen, denn sie haben nichts begriffen. Sie lassen dich an dir selber zweifeln, denn wenn du hörst, wie sie ihre Inbrunst beteuern, glaubst du an deren Beständigkeit, und so errötest du nur über deine Dürre.
Antoine de Saint-Exupéry