Liebe Leserin und lieber Leser,
das Thema Belohnung und Strafe beschäftigt unsere LeserInnen und uns immer wieder. Aus diesem Grund ist dieser Coachingbrief diesem Thema gewidmet. Ähnliche Gedanken in Verbindung mit einem Kinder-Beispiel finden Sie auch in diesem Coachingbrief:
https://gewaltfrei.blog/2018/04/03/332-2018-wenn-kinder-andere-vorstellungen-haben/
Herzliche Grüße von
Anja Palitza & Olaf Hartke
Thema: Gedanken zu Belohnung und Strafe
Zitat: Menschen, die mit dem Konzept Belohnung und Bestrafung aufgewachsen sind sagen vermutlich folgendes: „Wenn mich niemand lobt, werde ich mich nicht korrekt verhalten – und: Wenn mich niemand bestraft, brauche ich mich auch nicht korrekt zu verhalten.“ (aus dem Buch: „Du musst nicht von allen gemocht werden“, von Ichiro Kishimi und Fumitake Koga)
Beispiel: Aus dem oben zitierten Buch:
„Philosoph: ‚Stellen wir uns einmal eine alltägliche Situation vor. Sagen wir zum Beispiel, Sie haben den um Ihren Arbeitsplatz herumliegenden Müll aufgesammelt. Nur – niemand scheint das überhaupt zu bemerken. Oder wenn es jemand tut, spricht niemand seine Anerkennung dafür aus oder verliert nur ein einziges Wort des Dankes. Und, werden Sie von nun an weiterhin Müll aufsammeln?‘
Junger Mann: ‚Das ist eine schwierige Situation. Ich glaube, wenn niemand anerkennt, was ich tue, höre ich vielleicht damit auf.‘
Philosoph: ‚Warum?‘
Junger Mann: ‚Den herumliegenden Müll aufsammeln sollte eigentlich jeder. Wenn ich die Ärmel hochkremple und es auf mich nehme, aber kein Wort des Dankes erhalte? Ich denke, dann würde ich wohl meine Motivation verlieren.‘
Philosoph: ‚Das ist die Gefahr in dem Verlangen nach Anerkennung. Warum suchen die Menschen Bestätigung von anderen? In vielen Fällen lässt sich das auf den Einfluss einer Erziehung durch Belohnung und Strafe zurückführen.‘“
Information: Eine Form von Gewalt sieht Marshall Rosenberg darin, dass wir aufgrund unserer Bewertungen (richtig und falsch, gut und böse) unseren Impulsen zu belohnen und zu bestrafen folgen. Wir haben eine Vorstellung und wollen sie umgesetzt sehen. Zu belohnen und zu bestrafen sind zwei gängige und wirksame Mittel, unsere Absichten durchzusetzen.
Doch was bedarf es, damit wir Belohnen und Bestrafen erfolgreich für unsere Anliegen nutzen können?
Wir benötigen eine Machtposition gegenüber den anderen. Entweder über die Gewährung oder den Entzug von Mitteln, zu denen andere keinen oder nur geringen Zugang besitzen (Geld, Geschenke, Aufmerksamkeit, Zuwendung, Bestätigung) oder über die physische Macht anderen zu drohen und dies im Ernstfall auch umsetzen zu können (Schlagen, Einsperren).
Zahlreiche Menschen sind mit diesem Konzept aufgewachsen und haben vielleicht auch immer wieder den Satz gehört: „Ich tue es nur zu Deinem Besten.“ Und besonders Kinder lernen von klein auf: Wenn man sich richtig verhält, wird man gelobt und bekommt evtl. weitere positive Vergünstigungen und wenn man sich falsch verhält, wird einem die Zuwendung versagt und man erhält womöglich zusätzliche unangenehme Sanktionen von anderen Menschen.
Kinder lernen so, dass es ein richtiges und ein falsches Verhalten gibt und das die diesbezügliche Bewertung derjenige festlegen kann, der sich in einer Machtposition befindet. Kinder sind je nach Alter graduell abhängig vom Handeln anderer. Aus dieser Abhängigkeit heraus beginnen sie, sich an den Erwartungen anderer zu orientieren. Sie erfahren, dass Zuwendungen und Sanktionen aufgrund deren Bewertungen erfolgen. Was sie nicht lernen – oder wie Gerald Hüther sagt – zunehmend verlernen – ist, auf ihre eigenen Bedürfnisse zu hören. Die innere Orientierung wird unterdrückt oder geht ganz verloren und wird ersetzt durch eine Orientierung an den Erwartungen anderer.
Doch wenn man die Erwartungen anderer lebt, wer lebt dann das eigene Leben und übernimmt für die eigenen Bedürfnisse die volle Verantwortung? Ist es nicht auch ein Wunsch, den wir an Erwachsene und an die Kinder haben, dass sie ihr eigenes Leben leben, zu sich selbst stehen und die Verantwortung für ihr eigenes Handeln zu übernehmen bereit sind?
Und hier ergeben sich für uns weitere Fragen, die wir an uns und an alle, die mit Kindern in Kontakt stehen, richten: Ab wann leben wir unser eigenes Leben? Wo übernehmen wir für unser Handeln die Verantwortung? Wofür stehen wir ein? Und die spannende Frage, die wir uns daraus stellen: Wie kann uns das gelingen?
Wir sind mit unserem Handeln die Vorbilder für die nachfolgende Generation. Die Kinder lernen in besonderem Maße von uns. Und wir sind nicht nur Vorbild für die Kinder, sondern auch für die erwachsenen Mitmenschen, die weniger gut gelernt haben, sich an eigenen Werten zu orientieren.
Marshall Rosenbergs Modell lehrt uns die Orientierung an unseren Werten und Bedürfnissen und das ihre Erfüllung durch unsere Gefühle angezeigt wird. Wir benötigen demnach eine bestimmte Achtsamkeit, mit der wir unsere Gefühle wahrnehmen und mit unseren Bedürfnissen in Verbindung bringen.
Und der Nutzen wird für uns sehr deutlich. Menschen werden freier, selbstbestimmter und übernehmen mehr die Verantwortung für ihr Handeln. Sie werden weniger führbar, kontrollierbar und weniger manipulierbar. Und Ziele werden dann mit höherer Wahrscheinlichkeit erreicht, wenn es gemeinsame Ziele sind und die Bedürfnisse aller Beteiligten gleichermaßen zählen.
Insofern – das fällt uns gerade auf – hätte der Philosoph im obigen Dialog auch so antworten können:
Junger Mann: „Das ist eine schwierige Situation. Ich glaube, wenn niemand anerkennt, was ich tue, höre ich vielleicht damit auf.“ (…den Müll aufzuheben)
Philosoph: „Ja, wenn Du es nur aus Angst vor Strafe oder dem Wunsch nach Belohnung tust. Aber vielleicht hebst Du den Müll ja auf, weil Du Dich mit dem Müll nicht wohlfühlst und Du machst es für Dich – einfach für Dein Wohlbefinden. Ergäbe das auch einen Sinn für Dich?“
Zum „Sofort-Üben“: Aus welcher Motivation heraus möchten Sie, dass andere Menschen beitragen? (Unsere Gedanken finden Sie am Ende des Coachingbriefes.)
Wochenaufgabe: Nehmen Sie sich diese Woche einmal Zeit und beantworten für sich die von uns aufgeworfenen Fragen. Vielleicht haben Sie auch die Möglichkeit mit anderen Menschen dazu ins Gespräch zu kommen.
Aktuelles:
Termine im Jahr 2019
Wollen auch Sie freier,
selbstbestimmter werden und mehr die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen.
So nutzen Sie mit uns die „Wandeltage 2020“
Die ersten sieben
Anmeldungen bereits eingegangen.
Alle Klöster sind gebucht und die Gruppe geht im Januar 2020 an den Start.
Hier die Information für weitere Interessenten:
https://www.erfolgsschritte.de/seminare-trainings/m10_jahresausbildung_gfk.php
05. und
06.10. Tage der Gewaltfreien Kommunikation in Weimar
https://www.uni-weimar.de/de/universitaet/aktuell/pinnwaende/titel/tage-der-gewaltfreien-kommunikation-in-thueringen/
06.10.2019
Bildungsurlaub auf der Nordseeinsel Baltrum (ausgebucht, Warteliste)
13.11.2019 Gewaltfreie Kommunikation als Basis für ein wirksames Miteinander im
Beruf
Eine Weiterbildung über die Jugendberufshilfe Thüringen e.V. https://www.jbhth.de/weiterbildung/sinnvoll-seminare/konflikte-loesen/seminare-konflikte-losen-und-gesprache-fuhren/seminare/detail/Event/gewaltfreie-kommunikation-als-basis-fuer-ein-wirksames-miteinander-im-beruf-97/
15.11.2019 Workshop
Wut und Würde in Naumburg
https://www.erfolgsschritte.de/seminare-trainings/m03_wut_wuerde_gfk.php
16.11.2019
Vertiefungsseminar Gewaltfreie Kommunikation in Jena – 2 Tage
29.11.2019 Vertiefungsseminar Gewaltfreie Kommunikation in Berlin – 2 ½ Tage
Und weil die Nachfrage für unser Einführungs- und Vertiefungsseminar in Jena so groß ist haben wir für 2020 schon neue Termine:
08.02.2020 Einführungsseminar
Gewaltfreie Kommunikation in Jena – 2 Tage
09.05.2020 Vertiefungsseminar Gewaltfreie
Kommunikation in Jena – 2 Tage
Weitere Termine finden Sie unter: http://www.ab-ins-kloster.de
Was sagen Sie zu unserem Coachingbrief?
Wir freuen uns, wenn Ihnen dieser Coachingbrief gefällt und Sie ihn an Interessierte weiterleiten. Neue Leserinnen und Leser können sich hier in den Verteiler eintragen: http://www.coaching-briefe.com
Herausgeber:
Hartke Unternehmensentwicklung GmbH
Dunlopstraße 9, 33689 Bielefeld
Fon: 05205 / 7290525 und Fax: 05205 / 7290527
http://www.ab-ins-kloster.de
© Copyright Anja Palitza und Olaf Hartke
Unsere Gedanken zum Sofort-Üben:
Menschen entscheiden sich, etwas für andere Menschen zu tun, …
- weil sie glauben, dass sie verantwortlich für die Gefühle anderer Menschen sind.
Sie tun daher etwas aus Schuld oder Scham heraus.
- wenn sie unangenehme Folgen für sich erwarten, wenn sie es nicht tun würden.
Sie tun es dann aus einer Angst heraus.
- indem sie einer Autoritäts-Person folgen und deren Entscheidungen und Handlungen nicht hinterfragen.
Sie tun es aus einem Gehorsam heraus.
- wenn sie Gefallen daran haben, zum Wohle anderer Menschen beitragen zu können.
Sie tun es aus Wertschätzung und aus einer Freude heraus.