Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
am vergangenen Wochenende fand mit dem 6. Modul der Abschluss unserer Jahresgruppe „Wandeltage 2021“ statt – die durch die Corona-Umstände längste Jahresgruppe, die wir je hatten. Ganz erfüllt von den Tagen und schon ein wenig müde begaben wir uns auf den Heimweg als folgendes passierte…
Herzliche Grüße jetzt wieder aus Jena und Bielefeld,
Anja Palitza & Olaf Hartke
Thema: Dankbarkeit für gelbe Engel
Zitat: „Wenn Du denkst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“ (In meiner Kindheit oft von meiner Oma gehört (Olaf) und tatsächlich allerdings von Rainer Maria Rilke stammend)
Beispiel: Wir starteten in der Nähe von Frankfurt, planten um Mitternacht in Jena im Bett zu liegen und sprachen über unseren kommenden Tag – Training „Gewaltfreie Kommunikation“ bei der Stadtverwaltung von Weimar – als Anja plötzlich meinte, das Auto führe sich etwas schwammig. Windig war es nicht, Längsrillen in der Fahrbahn waren auch nicht zu sehen und so entschieden wir, auf dem nächsten Autobahnparkplatz einmal nach den Reifen zu schauen.
Die schnelle Erkenntnis beim kurzen Rundgang: Ein komplett platter Hinterradreifen. Ich fragte Anja, wo ihr Reserverad verstaut sein könnte, und ahnte schon, der Wagen hat gar keines. Nach kurzer Suche war klar, er hat nicht nur kein Reserverad, er hat auch kein Reifendichtmittel und keinen Kompressor an Bord. Also – ADAC anrufen.
Ein Anruf ergab, dass der Wagen nur zur nächstgelegenen Werkstatt geschleppt werden kann. Eine Reparatur wäre dann erst am Montag möglich. Meine Frage nach einem Reifennotdienst oder einer „Rund-um-die-Uhr-Werkstatt“ ergab erwartungsgemäß nichts – aber man kann ja mal fragen. Noch eine Frage: „Reifenreparatur direkt auf dem Parkplatz?“ – „Nein, auf gar keinen Fall, das ist leider nicht möglich.“ Dachte ich mir ebenfalls schon, doch die Alternative war so unattraktiv: Eine extra Hotelübernachtung und ein ausfallendes Training in Weimar.
Neue Idee – Auto zur Werkstatt schleppen lassen und mit einem Taxi einen Autoverleiher mit 24-Stunden-Dienst erreichen, mit dem Leihwagen zurück zu Werkstatt, Seminarkisten umladen und weiter nach Jena. Montag dann Training in Weimar, abends noch Online-Trainings bei Anja in Jena, Dienstag den Leihwagen nach Frankfurt zurückbringen und mit Anjas Auto zurück nach Jena. Nicht zum Jubeln, aber machbar.
Kleine Glücks-Momente zwischendurch:
Und dann begann unser Glück so richtig; wir konnten es kaum glauben. Der vom ADAC beauftragte Schleppwagenfahrer Gernot Geibel aus Büdingen hörte sich unsere Pläne an und rief daraufhin seinen Abteilungsleiter Oliver Lott an. Wir hörten, wie sie über eine Reifen-Reparatur sprachen. Der Chef wollte noch seine Kinder zu Bett bringen und schlug vor, in der Zeit das Auto zu verladen und damit zum Autohaus zu kommen. Gesagt getan. Unser Auto und wir wurden zum VW-Autohaus Hess gefahren, bei unserer Ankunft erschien auch Oliver Lott, untersuchte den Reifen genauer und fand den Rest einer eingefahrenen Schraube. „Können wir reparieren.“, war sein fachmännisches Urteil.
Wer Reparaturen unterwegs in fremden Werkstätten kennt, ahnt, was spätestens jetzt beginnen müsste: Mit Personalausweis und Fahrzeugschein zum Empfang, Kopien machen, Formulare ausfüllen, mehrere Papiere unterschreiben. Dann werden Hallentore geöffnet, das Auto wird von qualifiziertem Fachpersonal in die Werkstatt gefahren, die hydraulische Hebebühne kommt zum Einsatz und Druckluftwerkzeuge verrichten die schwere Arbeit. Parallel werden Sonntags- und Nachtzuschläge kalkuliert. Man selbst wird währenddessen aus Sicherheitsgründen in einem sehr sicheren Wartebereich weit entfernt vom Auto aufbewahrt. Dann vergeht eine Stunde, man wird zur Kasse gebeten und staunt über deutsche Stundensätze und wieviel Kleinmaterial und Putzmittel in einer Stunde verbraucht werden können.
Ganz anders im Autohaus Hess unter der Betreuung von Oliver Lott und der Begleitung von Gernot Geibel: Wir erleben eine pragmatische und ganz bedarfsorientierte Hilfe in der Nacht. Draußen auf dem Hof. Ganz ohne Formulare.
Ein hydraulischer Rangierwagenheber wird von Kollege Gernot Geibel herbeigeholt, das Rad wird von Oliver Lott mit einem klassischen Radkreuz schnell gelöst, der Reparatursatz kommt zum Einsatz und das danebenstehende ADAC-Schleppfahrzeug liefert die Druckluft für die neue Reifenfüllung. Mit zugucken dürfen und einem netten bis humorvollen Gespräch.
Und während der Reparatur sorgt Gernot Geibel noch für einen Full-Service, indem er für uns den bereits bestellten Leihwagen absagt – weil er den Claus-Dieter ja eh gut kennt und seine Rufnummer hat. (An dieser Stelle auch ein ganz großes Dankeschön an die Familie Hoffmann von der Avanti-Autovermietung in Ortenberg für das abendliche Engagement und die kostenfreie Stornierung.)
Alles in allem – keine halbe Stunde. Wir wären sogar gern länger geblieben…
Größte Überraschung: Die Formalitäten beschränken sich auf ein Handyfoto vom KFZ-Schein, die Abschleppkosten trägt der ADAC, eine Rechnung von nicht mal vierzig Euro für den Reparatursatz wird später vom Autohaus zugesendet – Gute Fahrt!
Wir spenden unser vorhandenes Barvermögen für die Kaffeekasse und freuen uns riesig. Mit geringem finanziellem und zeitlichem Aufwand konnten wir unsere Fahrt fortsetzen und am nächsten Tag ziemlich fit in Weimar zum Training antreten. Ein total schönes Erlebnis.
Nochmal: Herzlichen Dank, Gernot Geibel und Oliver Lott, Ihr lieben gelben Engel vom ADAC bzw. vom VW-Autohaus Hess!!! Wir lieben Menschen wie Euch!!!
Information: Natürlich fuhren wir sehr erleichtert und beglückt weiter, freuten uns über geschonte finanzielle Ressourcen und die eingesparte Zeit.
Etwas anderes beschäftigte uns jedoch noch länger und vor allem – noch tiefgehender. Es war und ist auch immer noch unsere Freude über die Voraussetzungen, die gegeben waren, dass wir das erleben durften.
Der „gelbe Engel“ Gernot Geibel ruft am Sonntagabend seinen Vorgesetzten an und schlägt eine Reparatur vor und unterstützt die Reparatur vor Ort. Er hätte es sich einfacher machen können, indem er den Abschleppauftrag des ADAC ausführt und das Auto und uns zur nächstgelegenen Werkstatt bringt. Einfach ausführen, weniger mitdenken und früher wieder Ruhe haben.
Der Abteilungsleiter Oliver Lott verlässt am Sonntagabend das kuschelige Heim und repariert bei Minusgraden auf dem Hof der Werkstatt einen Reifen. Er hätte es sich einfacher machen können, indem er sich auf das Zubettbringen der Kinder beruft und uns auf den nächsten Tag verweist.
Zwei Menschen, die sich am Sonntagabend Bedürfnisse der Kategorie Leichtigkeit, Einfachheit und Bequemlichkeit hätten erfüllen können, sich jedoch eher für Bedürfnisse wie Unterstützung und Hilfeleistung entschieden haben. Und das gegenüber Menschen, die sie gar nicht kennen und vermutlich auch nie wieder treffen werden. „Was haben sie davon?“, könnte man sich fragen.
Das wir sie hier und in unserem Blog dankbar und für sie werbend erwähnen, war nicht abzusehen. Nach großzügiger „finanzieller Dankbarkeit“ sehen Anja und ich optisch nicht aus, wenn wir abends unterwegs sind. Sich auf einen Ausgleich im Rahmen von bestehender Bekanntschaft oder Freundschaft zu verlassen, war auch nicht gegeben, wir kannten uns ja nicht. Was bleibt auf der Bedürfnis-Ebene als Grund für das Entscheiden und Handeln dieser beiden Menschen?
Bedürfnisse wie „Unterstützung“ oder „Hilfsbereitschaft“ sind leicht zu verstehen, wenn sie aus dem Blickwinkel der Person gesehen werden, die den Nutzen davon hat.
„Wir haben am Sonntagabend eine Panne, wir wünschen uns Unterstützung und hilfsbereite Menschen.“ Das leuchtet sofort ein, aus dieser Perspektive sind die Bedürfnisse verständlich.
Aus der anderen Perspektive – der des Gebenden – jedoch nicht. Im Training fragen wir Teilnehmende manchmal: „Du hast eben dieses oder jenes für diese Person getan, welches Bedürfnis wolltest Du Dir damit erfüllen?“. Dann hören wir häufig: „Ich habe damit diesen Menschen ihr Bedürfnis nach Unterstützung und Hilfe erfüllen wollen.“
Darin sehen wir dann allerdings keine Antwort auf unsere Frage und wir haken nach: „Ja, Du hast dazu beigetragen, dass sich bei diesen Menschen Bedürfnisse wie Unterstützung und Hilfe erfüllen. Doch die Frage war – welches Bedürfnis erfüllst Du Dir damit, anderen Menschen Bedürfnisse zu erfüllen?“
Zum „Sofort-Üben“: Welche Bedürfnisse erfüllt es Ihnen, wenn Sie anderen Menschen ihre Bedürfnisse nach Unterstützung und Hilfe erfüllen? (Unsere Ideen dazu finden Sie wie immer ganz unten.)
Wochenaufgabe: Wenn Sie sich in dieser Woche dabei „erwischen“, andere zu unterstützen, fragen Sie sich einmal, welches Bedürfnis Sie sich mit dieser Hilfe erfüllen. Was ist Ihr persönliches, individuelles Motiv in dieser Situation, anderen zu helfen? Belassen Sie es nicht bei der einfachen Antwort, „Ich helfe halt gern.“, sondern forschen Sie einmal in sich hinein und lernen Sie sich wieder etwas besser kennen.
Aktuelles
Der Termin unserer Schneeschuh-Tour zur Hohgant-Hütte nähert sich. Noch sind Plätze in der ersten Woche frei. Wer bei diesem besonderen Event dabei sein möchte, kann sich noch bei uns anmelden. Nutzen Sie jetzt diese Gelegenheit und sichern Sie sich einen Platz für das Lernen und Vertiefen von Gewaltfreier Kommunikation in einer urigen Hütte mit einem grandiosen Bergpanorama.
Gratis-Webinar – Tragfähige Team-Entscheidungen treffen
Möchten Sie eine Methodik für Gruppen-Entscheidungen kennenlernen, die zu gemeinsamen Entscheidungen mit großer Tragfähigkeit führt? Wir stellen Ihnen das Modell „Systemisches Konsensieren (SK)“ an drei verschiedenen Praxisbeispielen vor.
NEU: Gemeinsames Webinar mit SK-Moderator Alexio Schulze-Castro und uns
Termine und Infos:
https://www.edudip.market/w/312740
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Seminare 2023
21.02.2023 Schneeschuh-Tour zur Hohgant-Hütte für Einzelteilnehmer und Paare
26.02.2023 Schneeschuh-Tour zur Hohgant-Hütte nur für Paare (Warteliste)
17.03.2023 Auszeit im Kloster für Unternehmer-Paare (1 Tag mit Vorabendanreise)
16.04.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ auf Baltrum (5 Tage
06.05.2023 Wandeltage 2023 Jahresgruppe Präsenz –(6 Module à 3 Tage))
22.05.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ in Dießen am Ammersee (5 Tage)
02.06.2023 NEU GFK-Vertiefung II – Übungsseminar mit neuen Inhalten (3 Tage)
16.06.2023 Auszeit im Kloster für Unternehmer-Paare (2 Tage mit Vorabendanreise und Film)
28.06.2023 Auszeit für Paare im Knaubenhof im Altmühltal (5 Tage)
25.08.2023 Wandeltage-Vertiefung Fortführung des Jahreskurses im Kloster Hünfeld (3 Tage)
15.09.2023 Auszeit im Kloster für Unternehmer-Paare (1 Tag mit Vorabendanreise)
26.09.2023 Gruppenentscheidungen treffen mit Systemischen Konsensieren (3 Tage)
06.10.2023 Wandeltage 2023 Jahresgruppe Online –(6 Module à 3 Tage))
15.10.2023 Ein Führungskräftetraining auf Basis GfK auf Baltrum (5 Tage)
23.10.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ auf Spiekeroog (5 Tage)
09.11.2023 Trainer(Innen)-Ausbildung Online (4 Module, 20 Tage, Trainerteam)
08.12.2023 Auszeit im Kloster für Unternehmer-Paare (2 Tage mit Vorabendanreise und Film)
10.12.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ am Jadebusen im Kunze-Hof (5 Tage)
15.12.2023 NEU GFK-Übungsseminar-Seminar Kunze-Hof am Jadebusen (2 Tage)
Weiteres finden Sie auf unserer Website:
https://erfolgsschritte.de/seminare-trainings/termine.php
Es sind noch nicht alle Informationen zu den Seminaren aktualisiert; fragen Sie direkt bei uns nach, wenn Sie konkrete Fragen dazu haben.
Herausgeber:
Hartke Unternehmensentwicklung GmbH
Dunlopstraße 9, 33689 Bielefeld
Fon: 05205 / 7290525 und Fax: 05205 / 7290527
http://www.ab-ins-kloster.de
© Copyright Anja Palitza & Olaf Hartke
Unsere Ideen zum „Sofort-Üben“:
Ein Bedürfnis nach „Ausgleich“ – Menschen, die etwas von anderen bekommen, möchten manchmal an andere etwas weitergeben und erleben sich damit in einer Ausgeglichenheit von Zuwendung. Und das braucht nicht zwangsläufig personengebunden zu sein.
Ein Bedürfnis nach „Wohlfühlen“ oder „angenehme Gefühle empfinden“ – Menschen mit Empathievermögen haben ein ausgeprägtes Mitgefühl für andere, die in besonderen Situationen stecken und empfinden Unruhe oder Anspannung, wenn sie tatenlos bleiben. Andere zu unterstützen, erfüllt das eigene Bedürfnis nach Wohlergehen, denn ein Beitragen für anderen führt zu Gefühlen von Freude, Zufriedenheit oder sogar Entspannung.
Ein Bedürfnis nach „Sinnhaftigkeit“ – Menschen können etwas, haben ein bestimmtes Wissen oder bestimmte Kompetenzen und erleben den Einsatz dieser Fertigkeiten als sinnvoll. Etwas für andere zu tun, versieht die eigene Existenz mit Sinnhaftigkeit und man erlebt sich als wertvoll.
Ein Bedürfnis nach „Teamleistung“ – Zwei erreichen manchmal mehr als einer allein. Menschen arbeiten gern mit anderen zusammen, um etwas zu schaffen, was sie allein nicht schaffen würden und haben Freude an einem besonderen Ergebnis, empfinden vielleicht sogar einen gesunden Stolz auf ihre Wirksamkeit als Team.
Liebe Anja , lieber Olaf,
ich danke auch für wieder einmal einen Brief von Euch und ich nehme eine Einladung zum Antworten wahr.
Zum „Sofort-Üben“: Welche Bedürfnisse erfüllt es Ihnen, wenn Sie anderen Menschen ihre Bedürfnisse nach Unterstützung und Hilfe erfüllen? (Unsere Ideen dazu finden Sie wie immer ganz unten.)
Meine Gedanken zu der Übung sind folgende:
In der Giraffenwelt wird gerne geschenkt, wenn es freiwillig geschehen kann.
Wenn ich erlebe, dass ich beschenkt bin, werde oder wurde, erfüllt es mich mit einem tiefen Dank, und wenn ich selbst beitragen kann, einem anderen das Leben wirklich zu bereichern, fühle ich eine tiefe Verbindung zum Leben selbst, so als wäre ich gerade jetzt ein wichtiger Teil des Lebens, der gerade zur Stelle ist, um beizutragen.
Solche Situationen kommen manchmal vor und dann sagen auch einige Menschen, dich hat gerade der Himmel geschickt oder du bist ein Engel, gerade passend zur Stelle.
Man kann es nicht wirklich planen, denke ich
Doch wenn die Gelegenheit da ist, spüren es oft sogar alle Beteiligten wie ein tiefe tragende Verbindung.
Ich denke auch an das Märchen von Goldmarie und Pechmarie oder Frau Holle
Da wird etwas ähnliches beschrieben und gerade weil die beiden Schwestern dasselbe erleben, jedoch völlig anders reagieren, zeigt hier ein Märchen die Welt von Giraffe und Wolf sein super klar auf.
Herzliche Grüße nach Jena
Von Gabriele aus Erkelenz
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Liebe Gabriele,
wie schön doch Deine Zeilen sind. Ich lese sie gerade nochmals mit Genuss und Muße. Sie entsprechen ganz meinem Erfahrungsschatz. Jedoch hätte ich es selbst so nicht in Worte bringen können. Vor allem dieser Satz gefällt mir besonders: „…fühle ich eine tiefe Verbindung zum Leben selbst, so als wäre ich gerade jetzt ein wichtiger Teil des Lebens, der gerade zur Stelle ist, um beizutragen.“
Mit ganz lieben Dank für Deine Rückmeldung,
Anja und Olaf
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