Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
in der letzten Ausgabe ging es um die GFK-Haltung zum Thema „Oberflächliche und tiefe Gespräche“.
In diesem Teil 2 liegt der Schwerpunkt darauf, wie man Gespräche, in denen man sich nicht wohlfühlt, entweder neue Inhalte geben kann oder sie beendet.
Herzliche Grüße, auch in dieser Woche aus dem Kloster Schönenberg in Ellwangen
Anja Palitza & Olaf Hartke
Thema: Oberflächliche und tiefe Gespräche, Teil 2
Zitat: „Wir leben in einer Welt, in der jeder sieht, wenn Du dünner oder dicker geworden bist, aber fast niemand mehr fragt, warum Du lachst oder traurig bist.“ (Heike M. Uda)
Beispiel: Während der Planungsphase des „Verlängerungs-Moduls“ der Wandeltage 2020 erreichte uns unter anderem dieser Themenvorschlag:
„Wie komme ich im Alltag von einem oberflächlichen Austausch schneller zu Themen, die mich tatsächlich bewegen?“
Information: Haben Sie nach der letzten Ausgabe des Coachingbriefes Gespräche gehabt, in denen Sie sich nicht wohl gefühlt haben; weil Sie von dem Inhalt des Gespräches gelangweilt oder genervt waren? Und haben Sie unter Umständen Folgendes gedacht?
„Was erzählt er wieder so lange – hört sich wohl selbst gern reden?“
„Hat sie nichts Spannenderes zu erzählen als dieses Blabla?“
„Kann er nicht mal auf den Punkt kommen? Wie kompliziert er ist!“
„Warum rettet mich denn niemand vor dieser aufdringlichen Person?“
Manchmal auch Urteile über uns selbst:
„Ich hätte gleich weitergehen sollen!“
„Warum unterbreche ich nicht einfach – ich bin wieder zu nett.“
„Es interessiert mich nicht und trotzdem höre ich weiter zu – weshalb tue ich mir das immer wieder an?“
Auf die Frage, wann man denn sein Gesprächs-Gegenüber unterbrechen solle, wenn einen das Gespräch nervt, sagte Marshall Rosenberg in einem Training einmal: „Genau genommen, sobald Du einen Satz mehr gehört hast, als Du gerne hören möchtest.“
Man kann natürlich auch warten, ob das Gesprächs-Gegenüber noch „die Kurve kriegt“ und die eigenen Bedürfnisse im Gespräch wieder erfüllt werden – manche Menschen wirken dabei äußerlich sehr ruhig und geduldig, während es innerlich bereits tobt.
Wir sehen vier Möglichkeiten, für die Sie sich entscheiden können:
- Sie machen Ihrem Gegenüber ein Geschenk und hören weiter zu, obwohl Sie die Inhalte nicht interessieren. Wenn Sie das tun, empfehlen wir, es bewusst und entschieden zu tun – mit der Freude, dass Sie diesen Menschen gern unterstützen wollen und einen Moment für ihn oder sie das sein möchten. Sofern es Ihr Bedürfnisse nach „Unterstützung geben“ oder „für andere da sein, wenn sie es brauchen“ erfüllt. Dann haben nicht die Inhalte des Gesprächs die wesentliche Bedeutung für Sie, sondern der Kontakt, das Miteinander oder die Verbindung.
- Sie haben eine Bereitschaft, mit diesem Menschen im Gespräch zu bleiben, doch Sie möchten das Gesprächsthema verändern.
„Ich würde gern noch mit Dir über XY sprechen; ist das OK, wenn wir das Thema wechseln? Mich interessiert gerade…“
„Ich möchte Ihnen gegenüber ganz aufrichtig sein – das Thema Buchführung interessiert mich nicht so sehr. Was mich gerade beschäftigt ist…“
Fragen Sie nicht nur, ob sie über etwas anderen sprechen können – dann folgt vielleicht das Thema „Zug-Fahrpläne in Finnland“. Sprechen Sie an, über was Sie selbst gern mit diesem Menschen sprechen würden. Wenn Sie im Gespräch bleiben wollen.
- Das Thema ist für Sie OK, doch Sie bemerken, dass Sie mehr hören, als Sie hören wollen, während Dinge, die Sie sagen möchten, ungesagt bleiben, weil Sie keine Lücke im Redefluss Ihres Gegenübers finden.
„Möchten Sie auch hören, was ich dazu denke?“
„Ich unterbreche mal kurz – ich würde auch gern was dazu sagen.“
„Warten Sie mal kurz – in mir staut sich bereits, was ich dazu sagen möchten. Hören Sie mir einen Moment zu?“
„Stopp, stopp – dazu möchte ich auch etwas sagen.“
- Sie möchten kein „Zuhör-Geschenk“ machen? Es gelingt nicht, ein Thema zu finden, dass Sie auch interessiert? Es wird anstrengend, eigene Beiträge im Gespräch unterzubringen? Die meisten Gespräche können Sie jederzeit beenden. Zwei grundsätzliche Möglichkeiten sehen wir hier, wie Sie dies tun können:
Sie können aufrichtig sein und den wahren Grund nennen:
„Es tut mir leid, ich merke gerade, dass ich das Thema nicht weiter vertiefen möchte – ich finde leider irgendwie gar keinen Bezug dazu.“
„Ich habe den Eindruck, dass Thema beschäftigt Sie so sehr, dass Sie es gar nicht loslassen können. Ich mag nicht länger davon hören, weil mich das Zuhören zu sehr erschöpft und ich beende unser Gespräch an dieser Stelle.“
„Ich bemerke, dass unsere Sichtweisen zu diesem Thema sehr verschieden sind und ich möchte gerade keine Themen diskutieren, die mich anstrengen. Widerspruchslos zuzuhören passt allerdings für mich auch nicht, daher löse ich mich an dieser Stelle aus dem Gespräch. Doch ich würde mich vorher noch gern von Ihnen verabschieden.“
(Sie erinnern sich: Gewaltfreie Kommunikation bedeutet nicht, immer nett zu sein.)
Oder Sie können einen Vorwand für die Beendigung des Gespräches nennen:
„Ich sehe gerade, dahinten steht XY und wir wollen etwas Wichtiges besprechen, bis später.“
„Du, ich muss auflegen, es hat gerade an der Tür geschellt.“
„Entschuldigen Sie, mir ist gerade eingefallen, dass…“
Es wäre nicht unser Verständnis von der Haltung Gewaltfreier Kommunikation, wenn wir sagen würden, dass eine oder das andere sei „richtig“ oder „besser“. Egal, für welche Variante Sie sich entscheiden, Sie erfüllen sich damit bestimmte Bedürfnisse und andere bleiben vielleicht unerfüllt. Bei Ihnen selbst und ebenso bei Ihrem Gegenüber. Hier gilt es wieder mal abzuwägen, welche Strategie für Sie vertretbar ist und die wichtigsten Bedürfnisse damit bedient.
Wochenaufgabe: Nachdem Sie mithilfe der letzten Ausgabe des Coachingbriefes geübt haben, Ihre Gefühle und Bedürfnisse in Gesprächen deutlicher wahrzunehmen, können Sie es ja in dieser Woche einmal praktisch umsetzen:
Geben Sie Gesprächen, in denen Sie sich unwohl fühlen neue Inhalte oder beenden Sie sie zeitnah.
Aktuelles
Seminare 2022
04.09.2022 Bildungsurlaub „GfK und Führung“ in Dießen am Ammersee (5 Tage)
20.10.2022 Trainer(Innen)ausbildung Online (4 Module, 20 Tage, Trainerteam)
27.11.2022 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ auf Spiekeroog (5 Tage)
16.12.2022 Vertiefung „Gewaltfreie Kommunikation“ im Kloster Hünfeld (3 Tage)
Weitere Seminare 2023
06.01.2023 Wandeltage 2023 Online – Jahresausbildung GFK (6 Module á 3 Tage)
08.02.2023 Systemisches Konsensieren (Seminar zu Gruppenentscheidungen auf Augenhöhe)
21.02.2023 Schneeschuh-Tour zur Hohgant-Hütte für Einzelteilnehmer und Paare
26.02.2023 Schneeschuh-Tour zur Hohgant-Hütte nur für Paare
16.04.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ auf Baltrum (5 Tage
06.05.2023 Wandeltage 2023 Präsenz –(6 Module à 3 Tage))
22.05.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ in Dießen am Ammersee (5 Tage)
15.10.2023 Ein Führungskräftetraining auf Basis GfK auf Baltrum (5 Tage)
23.10.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ auf Spiekeroog (5 Tage)
10.12.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ am Jadebusen im Kunze-Hof (5 Tage),
Weiteres finden Sie auf unserer Website:
https://erfolgsschritte.de/seminare-trainings/termine.php
Es sind noch nicht alle Informationen zu den Seminaren aktualisiert; fragen Sie direkt bei uns nach, wenn Sie konkrete Fragen dazu haben.
Herausgeber:
Hartke Unternehmensentwicklung GmbH
Dunlopstraße 9, 33689 Bielefeld
Fon: 05205 / 7290525 und Fax: 05205 / 7290527
http://www.ab-ins-kloster.de
© Copyright Anja Palitza & Olaf Hartke