Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
dies ist die Fortsetzung zum Coachingbrief von letzter Woche. Sie erinnern sich noch an das Thema? Nein? Macht nichts. Hier kommen Sie zur Ausgabe von letzter Woche:
Herzliche Grüße, in dieser Woche aus einem freien Wochenende in Jena und Bielefeld
Anja Palitza & Olaf Hartke
PS: Ein – aus unserer Sicht – kleines Highlight noch: Wir haben im zweiten Halbjahr noch ein jeweils 3-tägiges offenes Einführungs- und ein Vertiefungs-/Übungsseminar untergebracht. Die 3-tägigen Varianten unserer Grundlagen-Trainings bieten mehr Zeit für eigene Beispiele und Übungen. Das Highlight: Zwei wunderschöne Orte: Kloster Vierzehnheiligen in Bad Staffelstein und das Bonifatiuskloster bei Hünfeld. Beide Orte fanden in den letzten Jahren bei den Wandeltage-Gruppen großen Gefallen. Falls Sie selbst keinen Bedarf haben – vielleicht möchten Sie eine bleibende Erinnerung oder sogar eine große Veränderung verschenken.
Infos zum Vertiefungs/-Übungsseminar
Thema: Umgang mit Triggern, Teil 2
Zitat: „Das Verhalten anderer Menschen ist nicht die Ursache für Deinen Ärger. Andere Menschen lösen vielleicht Ärger in Dir aus, doch die Ursache für Deinen Ärger liegt in Dir selbst.“ (Marshall B- Rosenberg)
Beispiel: Wir bleiben in der Fortsetzung bei den Beispielen von letzter Woche:
- „Der Junge (17 Jahre) sammelt hier alles Mögliche an und stellt alles damit voll. Sachen, die andere wegwerfen, weil sie alt oder kaputt sind, bringt er mit und argumentiert, dass sie noch zu reparieren seien und auf jeden Fall zu schade zum Wegwerfen. Aber es wird hier immer voller. Sogar die Scheune steht inzwischen voll mit sperrigen Dingen. Im ehemaligen Stallgebäude hat er jetzt mit einem Freund die Kegelbahn aufgebaut, die der Gastronom hier im Ort aufgegeben hat – ein Riesending. Es nimmt kein Ende trotz aller Gespräche darüber.“
- „Wenn ich nachfrage, wie wir mit der Kundenreklamation umgehen wollen; wenn ich wissen will, welche Lösung wir anbieten können, dann erzählt der Mitarbeiter mir ausführlich, weshalb er nichts dafür kann. Und selbst wenn es sein Fehler war, redet er sich langatmig raus und versucht davon abzulenken. Mir geht es doch überhaupt nicht darum herauszufinden, wer was falsch gemacht hat – zumindest in dem Moment nicht. Ich will erstmal verstehen, was nötig ist, um eine Lösung anbieten zu können. Immer wieder diese Zeitverschwendung.“
Information: Siehe Ausgabe von letzter Woche:
Eine neue Information gibt es nicht; wir gaben in der letzten Woche eine Idee zum Umgang mit Triggern und verwiesen bezüglich der konkreten Beispiele auf diese Woche. (Sh. unter „Sofort-Üben“)
Wochenaufgabe: Wenn Sie in der letzten Woche Ihre Trigger-Situationen beobachtet haben und dabei geübt haben, Ihre Bedürfnisse klar zu erkennen und auch mögliche Bedürfnisse beim Gegenüber vermutet haben, dann gehen Sie doch in dieser Woche mal an das Ansprechen heran.
Zum „Sofort-Üben“: In der letzten Woche ging es um das Vermuten der Bedürfnisse zu den beiden Beispielen oben. In dieser Woche nutzen wir diese Vorbereitung und Sie können einmal ausprobieren, wie sie die Personen ansprechen würden. (Unsere Idee dazu finden Sie ganz unten.).
Aktuelles
Seminare 2022
12.08.2022 Einführung „Gewaltfreie Kommunikation“ im Kloster Vierzehnheiligen (3 Tage)
04.09.2022 Bildungsurlaub „GfK und Führung“ in Dießen am Ammersee (5 Tage)
20.10.2022 Trainer(Innen)ausbildung Online (4 Module, 20 Tage, Trainerteam)
27.11.2022 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ auf Spiekeroog (5 Tage)
16.12.2022 Vertiefung „Gewaltfreie Kommunikation“ im Kloster Hünfeld (3 Tage)
Weitere Seminare 2023
06.01.2023 Wandeltage 2023 Online – Jahresausbildung GFK (6 Module á 3 Tage)
08.02.2023 Systemisches Konsensieren (Seminar zu Gruppenentscheidungen auf Augenhöhe)
21.02.2023 Schneeschuh-Tour zur Hohgant-Hütte für Einzelteilnehmer und Paare
26.02.2023 Schneeschuh-Tour zur Hohgant-Hütte nur für Paare
16.04.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ auf Baltrum (5 Tage
06.05.2023 Wandeltage 2023 Präsenz –(6 Module à 3 Tage))
22.05.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ in Dießen am Ammersee (5 Tage)
15.10.2023 Ein Führungskräftetraining auf Basis GfK auf Baltrum (5 Tage)
23.10.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ auf Spiekeroog (5 Tage)
10.12.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ am Jadebusen im Kunze-Hof (5 Tage),
Weiteres finden Sie auf unserer Website:
https://erfolgsschritte.de/seminare-trainings/termine.php
Es sind noch nicht alle Informationen zu den Seminaren aktualisiert; fragen Sie direkt bei uns nach, wenn Sie konkrete Fragen dazu haben.
Sie sind mit der Mailadresse [email] für den Empfang dieses Coachingbriefes eingetragen.
Wenn Sie sich abmelden möchten, klicken Sie bitte hier [loeschlink]
Herausgeber:
Hartke Unternehmensentwicklung GmbH
Dunlopstraße 9, 33689 Bielefeld
Fon: 05205 / 7290525 und Fax: 05205 / 7290527
http://www.ab-ins-kloster.de
© Copyright Anja Palitza & Olaf Hartke
Unsere Gedanken zur „Sofort-Üben“-Aufgabe:
Beispiel 1:
Die Eltern des 17-jährigen Sammlers haben möglicherweise diese Bedürfnisse:
Verständnis für ihre Bedürfnisse
Akzeptanz ihrer Wünsche
Ästhetik („optisches“ Wohlfühlen im eigenen Zuhause)
Leichtigkeit und Wohlfühlen im eigenen Wohnbereich/Lebensumfeld
Sicherung/Wahrung ihres Ansehens in der Nachbarschaft
Schutz von finanziellen Ressourcen (im Hinblick auf spätere, vielleicht notwendige Entsorgung der „Schätze“)
Der 17-Jährige könnte diese Bedürfnisse haben:
Verständnis auch für seine Bedürfnisse
Kreativität in der Nutzung und Weiterverwendung von ausrangierten technischen Dingen
Werte schaffen, durch eine solche Nutzung und Weiterverwendung
Dinge behalten dürfen, in denen man einen Wert sieht
Erinnerungen schaffen durch das Bewahren von nostalgischen, traditionell gefertigten Waren
Herausforderungen meistern (knifflige Reparaturen erfolgreich abschließen)
Nach der „Einfühlung“ in die Bedürfnisse beider Seiten ist – so die Idee und das erste Ziel – eine Beruhigung in Bezug auf die eigenen Bedürfnisse eingetreten und ein Verständnis für die Bedürfnisse des Gegenübers. Und da „Verstehen“ nicht zwangsläufig auch „einverstanden sein“ bedeutet, könnte man die Situation so ansprechen:
(Wenn möglich nicht „zwischen Tür und Angel“ oder in der akuten Situation; wir empfehlen zum Einstieg in Gespräche mit einem gewissen „Leichtigkeits-Verlust-Risiko“ das Konzept des „3x Anklopfen“.)
„Danke, dass Du Dir Zeit nimmst, mit mir über das Thema Sammeln und Raumnutzung zu sprechen; mir liegt das wirklich sehr am Herzen.“
„Mir kommt es so vor, dass Deine Freude an diesen Gegenständen wächst und Du in Deiner Begeisterung dafür auch zukünftig noch einiges an weiteren Schätzen finden wirst. Teilst Du diese Einschätzung?“
„Und ich habe den Eindruck, dass es Dir in erster Linie um das Bewahren dieser Schätze geht, um mögliche zukünftige Nutzungen. Die meisten Gegenstände warten auf eine Verwendung, werden aber aktuell nicht benutzt, stimmst Du dazu auch zu?“
„Meine Sorge ist, dass mehr Sachen hinzukommen als Sachen das Grundstück und das Haus wieder verlassen. Die Fülle Deiner Schätze passt inzwischen nicht mehr in Kisten, Regale und Räume, sondern die Sachen werden im Haus und auch draußen sichtbar, auch für andere. Und was mich beschäftigt ist, wie die Nachbarn oder unsere Besucher das sehen – mir ist nicht gleichgültig, wie sie über uns denken und ich möchte da ein bestimmtes Bild von mir selbst in der Nachbarschaft und bei unseren Gästen bewahren. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mein Anliegen verdeutlichen konnte – magst Du mir kurz sagen, was bei Dir angekommen ist?“
„Eine weitere Sache, die mich beschäftigt, ist diese: Möglicherweise entscheidest Du Dich irgendwann woanders hinzuziehen – in eine andere Stadt. Und ich frage mich, was mit deinen Schätzen passiert, falls Du dann das Interesse an ihnen verlierst oder sie an Deinem zukünftigen Lebensort keinen Raum haben. Meine Sorge ist, dass sie hier bei uns bleiben, von niemandem mehr benötigt werden und ich dann die Aufgabe hätte, sie zu entsorgen. Und ich merke – ich würde meine Freizeit und mein Geld gern anders einsetzen. Wie ist das aktuell – hast Du eine Bereitschaft, Dich auch nach einem möglichen Auszug darum zu kümmern, alles woanders unterzubringen – oder zumindest wesentliche Teile davon?“
(Tja, spannend wären jeweils die Antworten. Das Gespräch kann, wie jedes Gespräch ins so unglaublich viele Richtungen, Abzweigungen zu Nebenthemen und Rückkehrschleifen gehen. Das kann der Coachingbrief nicht abbilden.)
Beispiel 2:
Dem Chef des „Alles in Ausführlichkeit beschreibenden“ Mitarbeiters ist vielleicht wichtig:
Verständnis für seine Bedürfnisse
Sinnvolles Nutzen von Zeit
Fokussierung auf Fragen, die ihn interessieren
Unterstützung bei der Arbeit an Kundenzufriedenheit
Vertrauen in seine Fehler-Toleranz, seinen Umgang mit Fehlern
Dem Mitarbeiter geht es möglicherweise um diese Bedürfnisse:
Verständnis auch für seine Bedürfnisse
Verständnis für die eigenen Entscheidungen
Kenntnisnahme, dass man an entstandenen Fehlern nicht beteiligt war
Schutz vor Konsequenzen (wenn man beteiligt war und unangenehme Folgen fürchtet)
Kenntnisnahme von Vorgesetzten, wodurch Fehler insgesamt entstanden sind, damit ein eigener Anteil in einer gewissen Proportionalität wahrgenommen werden kann („Nicht an allem allein Schuld haben wollen.“)
Wahrung eines bestimmten Selbstbildes („Gut dastehen wollen“, um Anerkennung und Zugehörigkeit zu schützen.)
Nach der „Einfühlung“ in die Bedürfnisse beider Seiten ist – so die Idee und das erste Ziel – eine Beruhigung in Bezug auf die eigenen Bedürfnisse eingetreten und ein Verständnis für die Bedürfnisse des Gegenübers. Und da „Verstehen“ nicht zwangsläufig auch „einverstanden sein“ bedeutet, könnte man die Situation so ansprechen:
(Auch hier: Vorher 3x anklopfen.)
„Ich freu mich, dass wir nochmal zusammen über das Thema Umgang mit Fehlern sprechen, das ist mir wichtig.“
„Wir haben immer wieder mal die Situation, dass bei der Ausführung von Kundenaufträgen etwas geschieht, was wir nicht beabsichtigt haben und das den Kunden verärgert – er spricht dann von Fehlern und wendet sich zur Klärung an mich. Dann spreche ich Dich als ausführenden Mitarbeiter an, um etwas zu verstehen – und da bin ich schon genau an dem Punkt, um den es mir geht.“
„Es gibt da aus meiner Sicht zwei grundlegende Aspekte, die man als bis dahin Unbeteiligter zu verstehen versuchen kann:
- Ich will verstehen, wie die Situation vor Ort ist. Was haben wir geliefert? Wie haben wir es installiert? Was arbeitet noch nicht so, wie es das eigentlich tun sollte? Und die wichtigste Frage in dem Moment für mich: Was können wir jetzt sofort tun oder in die Wege leiten, damit es baldmöglichst läuft und der Kunde wieder zufrieden ist? Ist deutlich geworden, was ich meine – kannst Du es in Deinen Worten nochmal kurz wiedergeben? Mir ist es nämlich sehr wichtig, dass wir uns darin verstehen.“
„…“
„Genau. Das ist in dem Moment der noch offenen Kundenbeschwerde für mich das allerwichtigste: Was tun wir, um es so bald wie möglich zu beheben?“
- „Und es gibt einen zweiten Punkt, der mir ebenfalls wichtig ist und der ist für mich auf der Zeitschiene der Nachfolgende nach dem ersten. Ich nenne diesen zweiten nachrangigen Punkt jetzt vorläufig mal die Schuld-oder-Verantwortungs-Frage. Und ich habe dazu zwei Beobachtungen im Kontakt mit Dir:
- In der akuten Situation einer offenen Beschwerde sprechen wir oft zuerst über diesen in meiner Dringlichkeitshierarchie zweiten Punkt zuerst. Ich stelle Fragen, um etwas zu Punkt 1 herauszufinden und ich höre von Dir antworten, die für mich zum Punkt 2 gehören. Dann werde ich ungeduldig, denn mir ist ja der erste Punkt wichtiger – dem Kunden dienen. Und ich würde gern diese Reihenfolge einhalten und zuallererst Punkt 1 besprechen, erst dann habe ich die innere Ruhe für Punkt 2.
- Zweite Beobachtung: Wir sprechen über Punkt 2 deutlich länger und ausführlicher als über Punkt 1. Und mein Eindruck ist, dass wir nicht so lange darüber sprechen, weil ich so viele Frage dazu stelle, sondern – meine Idee, ich höre auch gern Dich dazu – weil für Dich dieser Punkt eine hohe Wichtigkeit hat; mehr als Punkt 1. Ist das so – ist Dir die Klärung der Schuld-oder-Verantwortungs-Frage wichtiger, als eine Lösung für den Kunden zu besprechen?“
Und auch hier zeigt sich deutlich – Gesprächsverläufe sind abhängig von den jeweiligen Antworten. Folgende Themen zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter könnten zwischen den obigen Gesprächs-Fragmenten auftauchen:
- Wie gehen wir hier mit Fehlern um?
- Wie definieren wir überhaupt das Wort Fehler?
- Worin liegt der Unterschied zwischen der „Suche nach einem Schuldigen“ und der „Suche nach einem Verantwortlichen“?
- Wie kann man als Vorgesetzter verdeutlichen, dass Fehler zwar unerwünscht sind, jedoch im Sinne von praktischen Lernschritten durchaus toleriert werden?
- Wie kann man Mitarbeitern die Haltung näherbringen, dass der Dienst am Kunden Vorrang hat gegenüber der „Freisprechung“ von einer Schuld, die sie empfinden, die man als Vorgesetzter jedoch nie gegeben hat?
- Was ist nötig, damit überhaupt übergeordnet eine Umfokussierung weg von Schulddenken hin zu Verantwortungsdenken geschehen kann?