Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
Ende der letzten Woche fand das Planungstreffen der Unternehmer-Gruppe statt und eine der behandelten Fragen im fachlichen Teil lautete:
„Was mich beschäftigt, sind diese Menschen, die mich durch ihr Verhalten in einer Sekunde von 0 auf 100 bringen. Kennt Ihr das, diese Trigger-Momente? Wie kann ich damit gelassener umgehen?“
Die Gedanken dazu möchten wir auch Ihnen zukommen lassen.
Herzliche Grüße, zum dritten Mal in Folge von einer Autobahn und heute ist es die A44 bei Kassel.
Anja Palitza & Olaf Hartke
Thema: Umgang mit Triggern
Zitat: „Das Verhalten anderer Menschen ist nicht die Ursache für Deinen Ärger. Andere Menschen lösen vielleicht Ärger in Dir aus, doch die Ursache für Deinen Ärger liegt in Dir selbst.“ (Marshall B- Rosenberg)
Beispiel: Mit den Teilnehmenden des Workshops gingen wir zwei von ihnen eingebrachte Beispiele durch:
- „Der Junge (17 Jahre) sammelt hier alles Mögliche an und stellt alles damit voll. Sachen, die andere wegwerfen, weil sie alt oder kaputt sind, bringt er mit und argumentiert, dass sie noch zu reparieren seien und auf jeden Fall zu schade zum Wegwerfen. Aber es wird hier immer voller. Sogar die Scheune steht inzwischen voll mit sperrigen Dingen. Im ehemaligen Stallgebäude hat er jetzt mit einem Freund die Kegelbahn aufgebaut, die der Gastronom hier im Ort aufgegeben hat – ein Riesending. Es nimmt kein Ende trotz aller Gespräche darüber.“
- Wenn ich nachfrage, wie wir mit der Kundenreklamation umgehen wollen; wenn ich wissen will, welche Lösung wir anbieten können, dann erzählt der Mitarbeiter mir ausführlich, weshalb er nichts dafür kann. Und selbst wenn es sein Fehler war, redet er sich langatmig raus und versucht davon abzulenken. Mir geht es doch überhaupt nicht darum herauszufinden, wer was falsch gemacht hat – zumindest in dem Moment nicht. Ich will erstmal verstehen, was nötig ist, um eine Lösung anbieten zu können. Immer wieder diese Zeitverschwendung.“
Information: Trigger-Momente zu verstehen, ist ein vielschichtiges Thema. Einen entspannten Umgang zu erlangen mit „Menschen, die einen triggern“, ist nochmals komplexer. Mal schauen, wie weit wir in einem Coachingbrief damit kommen.
Erstmal zum Begriff: „Trigger“ ist Englisch und bedeutet „Auslöser“. In der Psychologie wird der Begriff genutzt, für alles, was in einem Menschen Gefühle auslöst. Und oft sind es die Entscheidungen oder Verhaltensweisen anderer Menschen, die „einen triggern“ – die also Gefühle auslösen.
Insofern ist ein Trigger oder „getriggert zu werden“ im Sinne Gewaltfreier Kommunikation also nicht ein Fehlverhalten anderer Menschen, sondern menschlicher Alltag: Ein anderer Mensch erfüllt sich auf die ihm in diesem Augenblick am besten zur Verfügung stehenden Art und Weise eines oder mehrere seiner wunderbaren Bedürfnisse. Allerdings in genau so einer Art und Weise, die dazu führt, dass bei uns bestimmte Bedürfnisse nicht mehr erfüllt sind.
Getriggert werden wir also genau genommen in jedem Moment unseres Lebens, in dem durch das Handeln anderer bei uns bestimmte Bedürfnisse in eine „Nicht-Erfüllung“ geraten. (Übrigens, wenn Menschen durch ihr Verhalten unsere Bedürfnisse erfüllen und zu unserem Wohlergehen beitragen, „triggern“ sie uns auch. Dann haben wir sogar eine Wertschätzung für Trigger.)
Die Trigger, die wir als anstrengend empfinden und über die wir uns am meisten aufregen, sind häufig diejenigen, die wir mit einer gewissen Wiederholungs-Frequenz erleben und die wir schon mehrfach durch „Ansprechen“ auszuräumen versucht haben.
Frustration, Empörung, Ärger und Wut sind sehr deutlich und unübersehbar (…eigentlich müsste es hier heißen „unüberfühlbar“, doch das Wort gibt es nicht, glaube ich.) auftretende Emotionen, die uns „sehr engagiert“ darauf aufmerksam machen möchten, dass wichtige Bedürfnisse wiederholt nicht in Erfüllung gehen oder nicht in Erfüllung bleiben.
Häufig sind es wiederkehrende Situationen mit denselben Menschen und da wir die Neigung haben, unseren Gegenübern dann eine „Schuld“ zuzusprechen oder sie als verantwortlich für unser verschwundenes Wohlergehen anzusehen, geraten wir darüber in einen Streit. Wir tappen in die Falle, zu denken, andere Menschen machen etwas falsch und müssen noch etwas lernen oder endlich mal begreifen.
In der Haltung von Gewaltfreier Kommunikation erkennen wir diese Gefühle in solchen Situationen als unsere eigenen natürlichen Hinweisgeber für wichtige Bedürfnisse an und sehen in ihnen die Botschaft: „Kümmere Dich! Es ist immer noch wichtig, Dich nachhaltig für eine Veränderung einzusetzen!“
Etwas prosaisch ausgedrückt: Wir hören in diesen Gefühlen den Weckruf des Lebens in uns. Unseres Lebens, das sich gerade nicht wohlfühlt und uns auffordert, mehr für unsere Lebensqualität zu tun. Der Weckruf erinnert uns zuverlässig daran, unser Gegenüber erneut einzuladen, etwas zur Schönheit in unserem Leben beizutragen.
Hier eine Zusammenfassung; unser „11-Punkte-Plan“ für den Umgang mit Triggern:
- Wissen, dass mein Gegenüber nichts anderes tut, als sich wunderbare Bedürfnisse zu erfüllen.
- Vermuten, dass mein Gegenüber dabei
- nicht bemerkt, dass bei mir dadurch Bedürfnisse in Nicht-Erfüllung geraten oder
- nicht weiß, mit welchen Strategien sich unser Beider Bedürfnisse erfüllen würden.
- Verzichten, meinem Gegenüber Schuld zuzusprechen und belehren zu wollen.
- Anerkennen, dass die Verantwortung für meine Gefühle bei mir liegt und mein Gegenüber lediglich Auslöser dafür ist.
- Spüren, welche konkreten wunderbaren Bedürfnisse bei mir gerade nicht erfüllt sind.
- Mutmaßen, welche ebenso wunderbaren Bedürfnisse sich mein Gegenüber gerade erfüllt oder um welche Bedürfnis-Erfüllungen es mit seinem Verhalten gerade ringt.
- Unterstellen, dass mein Gegenüber kooperieren wird, wenn wir gemeinsam Strategien zur Erfüllung unser Beider Bedürfnisse suchen.
- Ansprechen, was in mir lebendig ist (meine Gefühle und Bedürfnisse).
- Vorschlagen, was im Gegenüber gerade lebendig sein könnte (dessen Gefühle und Bedürfnisse).
- Suchen, welche gemeinsamen Strategien uns dienlich sein könnten.
- Vereinbaren, was nun getan wird – auf der Basis von Freiwilligkeit.
Soweit erstmal zur Haltung – wie man es praktisch ansprechen könnte, darum geht es dann in der kommenden Woche.
Wochenaufgabe: Beobachten Sie sich selbst in dieser Woche einmal mit Ihren individuellen Trigger-Erlebnissen. Untersuchen Sie Ihren Umgang damit anhand der obigen elf Punkte. Was gelingt Ihnen davon? An welchen Punkten verlassen Sie die Haltung von Gewaltfreier Kommunikation? (Was nicht „schlimm“ oder „falsch“ ist. Man ist dann halt nicht mehr in der Haltung von Gewaltfreier Kommunikation versucht dann vermutlich, mit gewohnten Strategien eine Veränderung herbeizuführen. Was auch Erfreuliches auf der Ergebnisebene bringen kann, doch leider auch oft auf der Beziehungsebene Schäden hinterlässt.)
Zum „Sofort-Üben“: Welche Bedürfnisse sind möglicherweise bei den Beispiel-Inhabern in den obigen beiden Beispielen nicht erfüllt? (Unsere Idee dazu finden Sie ganz unten.).
Aktuelles
Seminare 2022
12.08.2022 Einführung „Gewaltfreie Kommunikation“ im Kloster Vierzehnheiligen (3 Tage)
04.09.2022 Bildungsurlaub „GfK und Führung“ in Dießen am Ammersee (5 Tage)
20.10.2022 Trainer(Innen)ausbildung Online (4 Module, 20 Tage, Trainerteam)
27.11.2022 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ auf Spiekeroog (5 Tage)
16.12.2022 Vertiefung „Gewaltfreie Kommunikation“ im Kloster Hünfeld (3 Tage)
Weitere Seminare 2023
06.01.2023 Wandeltage 2023 Online – Jahresausbildung GFK (6 Module á 3 Tage)
08.02.2023 Systemisches Konsensieren (Seminar zu Gruppenentscheidungen auf Augenhöhe)
21.02.2023 Schneeschuh-Tour zur Hohgant-Hütte für Einzelteilnehmer und Paare
26.02.2023 Schneeschuh-Tour zur Hohgant-Hütte für Einzelteilnehmer und Paare
16.04.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ auf Baltrum (5 Tage
06.05.2023 Wandeltage 2023 Präsenz –(6 Module à 3 Tage))
22.05.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ in Dießen am Ammersee (5 Tage)
15.10.2023 Ein Führungskräftetraining auf Basis GfK auf Baltrum (5 Tage)
23.10.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ auf Spiekeroog (5 Tage)
10.12.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ am Jadebusen im Kunze-Hof (5 Tage),
Weiteres finden Sie auf unserer Website:
https://erfolgsschritte.de/seminare-trainings/termine.php
Es sind noch nicht alle Informationen zu den Seminaren aktualisiert; fragen Sie direkt bei uns nach, wenn Sie konkrete Fragen dazu haben.
Herausgeber:
Hartke Unternehmensentwicklung GmbH
Dunlopstraße 9, 33689 Bielefeld
Fon: 05205 / 7290525 und Fax: 05205 / 7290527
http://www.ab-ins-kloster.de
© Copyright Anja Palitza & Olaf Hartke
Unsere Gedanken zur „Sofort-Üben“-Aufgabe:
Beispiel 1:
Die Eltern des 17-jährigen Sammlers haben möglicherweise diese Bedürfnisse:
Verständnis für ihre Bedürfnisse
Akzeptanz ihrer Wünsche
Ästhetik („optisches“ Wohlfühlen im eigenen Zuhause)
Leichtigkeit und Wohlfühlen im eigenen Wohnbereich/Lebensumfeld
Sicherung/Wahrung ihres Ansehens in der Nachbarschaft
Schutz von finanziellen Ressourcen (im Hinblick auf spätere, vielleicht notwendige Entsorgung der „Schätze“)
Beispiel 2:
Dem Chef des „Alles“ in Ausführlichkeit beschreibenden Mitarbeiters ist vielleicht wichtig:
Verständnis für seine Bedürfnisse
Sinnvolles Nutzen von Zeit
Fokussierung auf Fragen, die ihn interessieren
Unterstützung bei der Arbeit an Kundenzufriedenheit
Vertrauen in seine Fehler-Toleranz, seinen Umgang mit Fehlern
Pingback: 553/2022 Umgang mit Triggern, Teil 2 – Coachingbriefe "Gewaltfrei leben"