354/2018 Ratschläge meiden und Beziehungen intensivieren

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Ratschläge sind auch Schläge.“, sagt der Volksmund und wie so häufig ist an diesem Allgemeinwissen etwas dran. Heute geht es darum, wie sich unerbetene Ratschläge auf die Beziehung auswirken können und welche Alternativen es gibt, die die Beziehung vielleicht sogar intensivieren.

Herzliche Grüße, diese Woche von uns beiden aus Jena

Anja Palitza & Olaf Hartke

  

Zitat: Die Schlauen geben keine unerbetenen Ratschläge, die Weisen geben nicht einmal erbetene Ratschläge.“ (Louis Pasteur)

„Unerbetene Ratschläge sind die Postwurfsendungen des Lebens.“ (unbekannt)

 

Beispiel: Eine Beobachtung auf dem Schulhof:

Ein Jugendlicher mit hochrotem Gesicht sagt: „Ich will den einfach nur verkloppen.“

Erwachsene Person: „Du musst Dich erstmal beruhigen. Lass ihn einfach links liegen.“

Jugendlicher: „Ja, Sie haben gut reden. Was soll das? Sie wissen gar nicht, was hier abgelaufen ist.“

Erwachsene Person: „Nein, das weiß ich nicht. Aber Du kannst ihn nicht einfach verkloppen.“

Jugendlicher geht weg und schreit im Davonlaufen: „Fick Dich, Alter.“

Erwachsene Person ruft hinterher: „So nicht. Das wird noch ein Nachspiel haben.“

Information: Beitragen und andere unterstützen wollen ist ein Bedürfnis, das alle Menschen miteinander teilen. Um diesem Bedürfnis nachzugehen, geben Menschen auch gern Ratschläge, Hinweise oder Belehrungen. Das sind oft Versuche, jemanden helfen zu wollen. So manches Mal verbirgt sich hinter diesen Strategien jedoch auch der eigene Wunsch, eine Veränderung zu erzielen oder einen unangenehmen Zustand abzuwenden. Es kann auch sein, dass der Ratgebende unsicher ist, wie er mit der schwierigen Situation oder mit der sichtbaren emotionalen Reaktion des Gegenübers umgehen kann.

Wenn der Unterstützungsversuch über Ratschläge, Hinweise und Belehrungen jedoch vom Gegenüber nicht gewünscht ist, schafft es eher Abstand zwischen den beiden, als das es beiträgt, eine gemeinsame Lösung zu finden.

Wenn Sie Ihrem Gegenüber auf eine verbindende Weise begegnen möchten, die eher Nähe schafft als Distanz, dann können empathische Vermutungen unterstützend sein.

Dabei vermuten Sie mögliche Gefühle und Bedürfnisse, die Sie im Moment bei Ihrem Gegenüber wahrnehmen. Ebenfalls verbindend und Nähe schaffend könnte es auch sein, offenzulegen, was in Ihnen vor sich geht. Sie benennen Ihre eigenen Gefühle und die eigenen unerfüllten Bedürfnisse, die Sie auf die Idee gebracht haben, Ratschläge erteilen zu wollen. Enden Sie dabei mit einer konkreten Bitte an den Anderen.

Zum Sofort Üben: Wie könnten eine empathische Vermutung und ein Selbstausdruck klingen? (Unsere Vorschläge finden Sie am Ende des Coachingbriefes.)

Wochenaufgabe: Setzen Sie sich doch diese Woche einmal zum Ziel, ungefragt keinerlei Ratschläge, Hinweise oder Belehrungen zu geben. Oder – wenn es Ihnen „unter den Nägeln brennt“ – fragen Sie vorher, ob Ihre Meinung dazu erwünscht ist: „Ich habe dazu eine Idee, magst Du sie hören?“

Aktuelles: Wenn Sie aus alten behindernden Handlungsmustern aussteigen möchte, dann kommen Sie zu unserem Einführungsseminar Gewaltfreie Kommunikation vom 19.-21. Oktober 2018 in Berlin. Beginnen Sie bewusster zu leben und lernen Sie, wie Sie schneller zu sich und anderen eine Verbindung aufbauen können.

Weitere Angebote und nähere Informationen:
http://www.erfolgsschritte.de/seminare-trainings/termine.php

Unsere Vorschläge:

Empathische Vermutung:

Jugendlicher mit hochrotem Gesicht: „Ich will den einfach nur verkloppen.“

Erwachsener: „Das klingt, als wenn Du total sauer bist.“

Jugendlicher: „Und wie. Der Arsch soll mal selbst erleben, was es heißt, sich hier so aufzuspielen.“

Erwachsener: „Du bist stinkwütend, weil Du möchtest, dass sich hier jeder fair verhält?“

Jugendlicher: „Na klar. Der tut so, als wäre er etwas Besseres und kann uns hier verarschen.“

Erwachsener: „Dir ist wichtig, dass mit offenen Karten gespielt wird.“

Jugendlicher mit etwas ruhigerer Stimme: „Sie wissen ja gar nicht, was hier abgegangen ist.“

Erwachsener: „Wenn Du magst, erzähl es mir.“

Selbstausdruck:

Jugendlicher mit hochrotem Gesicht: „Ich will den einfach nur verkloppen.“

Erwachsener: „Wenn ich von Dir höre, dass Du ihn schlagen willst, dann bin ich echt besorgt. Ich habe wenig Zuversicht, dass diese Reaktion Dir weiterhelfen wird. Deshalb frage ich mich gerade, ob ich Dir helfen kann. Vielleicht finden wir einen anderen Weg.“

Jugendlicher: „Was wissen Sie denn schon.“

Erwachsener: „Vielleicht nicht viel. Vielleicht wissen wir aber zu zweit mehr als einer allein. Ich hätte Lust das herauszufinden. Und Du?“

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s