324/2018 Funktioniert denn Gewaltfreie Kommunikation auch bei Kindern?

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

eine Frage, die wir von Eltern und Erziehern häufig hören, lautet: „Funktioniert denn Gewaltfreie Kommunikation auch bei Kindern?“
Oder: „Wie alt müssen denn Kinder sein, damit man mit ihnen gewaltfrei kommunizieren kann?“
Und manchmal auch: „Na ja, aber mit den ganz Kleinen geht das halt noch nicht. Die verstehen das nicht.“

Am Wochenende konnte ich im Rahmen eines Besuchs meiner Schwester mit ihrem 3-jährigen Sohn und meiner 77-jährigen Mutter wieder ein überzeugendes Beispiel dafür erleben, dass Gewaltfreie Kommunikation auch bei kleinen Kindern eine Wirkung hat.

Herzliche Grüße, heute von Anja aus München und mir aus Bielefeld
Olaf Hartke

PS: Und weil das Beispiel schon so lang ist, gibt es heute keine zusätzliche Info. Aber ich denke, das Beispiel und meine Ergänzungen sind ausreichend für Erkenntnisse. Falls nicht, bitte nachfragen und wir vertiefen das Thema nächste Woche.

Thema: Verstehen Kinder eigentlich Gewaltfreie Kommunikation?

Zitat: „Die Aufgabe der Umgebung ist nicht, das Kind zu formen, sondern ihm zu erlauben, sich zu offenbaren.“ (Maria Montessori)

Beispiel: Der just Dreijährige hilft mir gerade begleitet von Omas Skepsis dabei, die Spülmaschine einzuräumen. Es landet nicht alles dort, wo ich es hingestellt hätte, doch das kann ich gut akzeptieren. Oma nicht so sehr.

Vorausschicken möchte ich noch, dass meine Mutter ihren Enkel liebt und der Tonfall sich erst im Verlauf von „liebevoll“ zu „aufgeregt und ärgerlich“ verändert.

Oma: „Das kommt da nicht hin, dass muss doch dahin.“

Kind: Schweigt.

Oma zu mir: „Das kann er doch nicht, Olaf. Siehst Du das denn nicht?

Ich: „Ja, er macht es noch anders als wir. Ich freu mich darüber, dass er hilft.“

Also machen wir weiter und Oma wendet sich dem Kuchenteller zu, um eine Cellophan-Folie darüber zu ziehen. Das Kind wird aufmerksam auf das neue Experimentierfeld.

Kind: „Ich auch.“

Oma: „Nein, das kannst Du noch nicht.“

Kind: „Doch, auch das machen.“

Oma: „Nein, das kannst Du nicht. Lass das.“

Das Kind senkt das Kinn auf die Brust, schiebt die Unterlippe nach vorn und zieht die Augenbrauen über der Nasenwurzel zusammen. (Machen Sie das mal vor dem Spiegel nach, dann ahnen Sie die Stimmung des Kindes.)

Kind, lauter: „Doch!“

Oma stellt sich so hin, dass das Kind nicht an die Folie kommt.

Kind macht eine Art Knurr- und Grummelgeräusch.

Oma: „Hör jetzt auf damit, Du bist doch noch zu klein dafür.“

Kind, noch lauter: „Lass mich, ich will auch.“

Und es greift in die Cellophan-Folie.

Oma, jetzt auch laut: „Lass das los, das verklebt doch ganz.“

Und sie zieht vorsichtig die Folie weg.

Das Kind lässt die Folie los, macht mit den Armen und Händen wilde Fuchtel-Bewegungen in Richtung Oma und ruft laut: „Hex, Hex.“

(Das Kind denkt seit ein paar Wochen völlig unbeirrt vom ausbleibenden Ergebnis, mit diesen Worten und der gleichzeitigen Armbewegung könne es Menschen, die es als schwierig erlebt, augenblicklich verschwinden lassen.)

Dann greift es wieder energisch zur Folie, krallt sich daran fest und die Oma greift ebenso energisch an die Hände des Kindes und trennt beides wieder voneinander.

Das Kind beginnt zu schreien.

Oma: „Nun schrei nicht auch noch. Schau mal, was Du gemacht hast. Siehst Du das?“

(Da mir von einem Sehfehler nichts bekannt ist, gehe ich davon aus, dass das Kind das gleiche sieht, wie die Oma.)

Oma setzt nochmal nach: „Nun guck, was Du angerichtet hast! Siehst Du das?“

Kind schreit weiter.

(So wie das Kind eine irrige Annahme von der Möglichkeit hat, Menschen verschwinden lassen zu können, so hat Oma eine irrige Annahme von den kognitiven Möglichkeiten eines Dreijährigen. Das Kind kann durch einen Blick auf die zerknitterte Folie nicht erkennen, was Oma daran nicht gefällt.)

Oma zu ihrer Tochter (meiner Schwester und gleichzeitig auch der Mutter des immer noch schreienden Kindes: „Nun sag Du doch auch mal was! Das geht doch so nicht.“

Das Kind läuft inzwischen weinend zur Mutter und die sagt auch tatsächlich etwas:

Mutter liebevoll zum Kind: „Na, Du wolltest der Oma gern helfen, oder?“

Kind mit tränennassem Gesicht schaut die Mutter einen Moment an und verstummt augenblicklich.

Mutter: „Und Oma lässt Dich nicht helfen. Das ist grad ganz blöd für Dich?“

Das Kind – immer noch still – nickt jetzt bestätigend.

Und zur Oma: „Du möchtest gern schnell Ordnung schaffen, damit wir gleich in den Schnee raus können, oder?“

Oma nickt auch.

Kind: „Wo ist mein Ball? Ich will jetzt Ball spielen.“

Und dann krabbelt es unter dem Küchentisch herum und sucht den Ball.

Ich lächle still vor mich hin, innerlich schreie ich ‚Tschaka‘ und nehme mir vor, diesen Dialog als ein weiteres Beispiel dafür im Hinterkopf zu behalten, das Gewaltfreie Kommunikation auch im Umgang mit kleinen Menschen immer wieder sehr hilfreich ist.

Aktuelles: Alle Seminartermine und weitere Informationen dazu finden Sie hier: www.ab-ins-kloster.de

Herausgeber: Hartke Unternehmensentwicklung GmbH
Dunlopstraße 9,
33689 Bielefeld
Fon: 05205 / 7290525 und
Fax: 05205 / 7290527
© Copyright Anja Palitza, Olaf Hartke

 

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