Liebe Leserin, lieber Leser,
wir sind im Urlaub und liegen gemeinsam im Garten unserer Ferienwohnung im Schatten der Sträucher am sich kräuselndem Wasser des Pools. Es ist noch früh am Morgen und doch ist die Kraft der Sonne deutlich spürbar. Es wird wieder heiß und die Zikaden stimmen schon mal ihr Lied an. Hin und wieder tanzt ein Schmetterling über das blau schimmernde Wasser. Es ist eine ruhige Zeit und neben dem Schreiben geraten wir immer wieder ins Träumen.
Herzliche Grüße, diese Woche aus der Provence
Anja Palitza & Olaf Hartke
Thema: Familiendialog
Zitat: „Beobachten ist gut, solange das Hauptaugenmerk auf „achten“ liegt.“ (Peter E. Schumacher)
Beispiel: Einer der Söhne liegt seit einer halben Stunde still neben uns, plötzlich unterbricht er das Dösen. Sohn: „Du Papa, mich beschäftigt etwas.“
Olaf: „Schieß los.“
Sohn: „Ja gern. Und ich merke, dass ich nicht urteilen oder verurteilen will. Doch wie kann ich es dann sagen?“
Wir horchen auf, sind jetzt wach und neugierig. Ein kurzer Moment herrscht Stille.
Sohn: „Mich nervt etwas und wie könnte ich es ausdrücken, so dass es ganz sicher gewaltfrei ist – dass keine Bewertung enthalten ist?“
Olaf: „Du kannst ruhig so sprechen, wie es gerade kommt. Wir können ja übersetzen.“
Sohnemann: „Nein, nein. Ich will ja wissen, wie es mit Hilfe der GfK klingen könnte.“
Olaf: „OK, starte doch einfach mal.“
Sohn: „Also es gibt ja Menschen, die machen anderen Menschen Vorwürfe und…“
Olaf unterbricht: „Magst Du von mir gleich Rückmeldungen erhalten oder willst Du erst einmal aussprechen?“
Sohn: „Bitte gleich. Ich will ja lernen.“
Olaf: „Genaugenommen ist das Wort „Vorwurf“ keine Beobachtung, sondern eine Annahme oder eine Interpretation über Menschen, die etwas Bestimmtes gesagt haben.“
Sohn: „Genau. Aber wie kann ich es dann als Beobachtung formulieren?“
Olaf: „Was haben die anderen denn gesagt, worin Du einen Vorwurf hörst?“
Sohn: „Sie kritisieren halt.“
Olaf: „Kritisieren wäre auch wieder eine Bewertung. Kannst Du Dich noch daran erinnern, was sie gesagt haben?“
Sohn: „Schwer. Sie haben z.B. eine eigene ganz bestimmte Meinung zu etwas. Sie sagen in dem Fall: „Du musst Dich so und so verhalten, nur so ist es richtig.“ Und sie schütteln den Kopf, wenn sich andere Menschen anders verhalten und sie reden dann mit Dritten darüber in einem bestimmten Tonfall, den ich gar nicht so nachmachen kann.“
Olaf: „Jetzt kommen wir der Beobachtung schon näher. Also, Du hörst ihren Verhaltenswunsch an Dich. Du hörst: „So muss man das machen…“ und wenn Du sagt, dass Du es anders möchtest, dann siehst Du ein Kopfschütteln?“
Sohn: „Ja und die Mundwinkel gehen so komisch nach unten.“ (Er macht es nach.)
„Ach, ich kann es nicht genau nachmachen, ich will es nicht übertreiben.“
Olaf: „Ich fasse nochmal die Beobachtung zusammen. Ich habe da nämlich noch eine weitere Beobachtung von Dir gehört.
- Du hörst ihren Verhaltenswunsch an Dich.
- Du hörst: „So muss man das machen…“
- Wenn Du sagst, dass Du es anders möchtest, dann siehst Du ein Kopfschütteln und die Mundwinkel verändern sich.
- Du bekommst mit, dass sich dann mit anderen Menschen, die nicht an dem Gespräch beteiligt waren, dazu ausgetauscht wird. Und auch hier in einem Tonfall, der Deinen Eindruck bestärkt, dass ihnen Deine Entscheidung nicht gefällt?“
Sohn: „Ja, ja. Sagte ich doch.“
Olaf: „Naja, so ähnlich…“
Eine Weile ist wieder Stille.
Sohn: „Ich muss aber nicht immer so reden? Das ist nämlich nicht gerade leicht. Oder? Ich kann auch meine Interpretation oder meine Annahmen aussprechen?“
Anja: „Ja und Nein. Nein, Du brauchst nicht immer so zu sprechen. Es gibt ja auch hier kein Richtig und kein Falsch. Wenn Du es leicht haben willst, dass teilst Du unter Umständen nur Deinen Eindruck und Deine Interpretation mit und wartest ab, wie Dein Gegenüber reagiert…“
Olaf: Und wenn andere es nicht teilen, hörst Du das ja heraus, weil sie z.B. solche Sätze sagen wie: „Wie kommst Du denn auf so einen Blödsinn.“ Dann weißt Du, dass Sie Deine Bewertung an dieser Stelle nicht teilen.“
Anja: „Genaugenommen ist es sogar eine Frage nach den Beobachtungen. Wenn andere sagen: „Wie kommst Du darauf?“, dann wollen die Nachfragenden an dieser Stelle meist eine Beobachtung hören. Ihnen reichen die Interpretationen nicht, da sie eine andere Bewertung dieser Situation haben und wissen wollen, woran Du Deine Schlussfolgerungen knüpfst.
Olaf: „Ganz ausführlich übersetzt sagen sie: „Wenn Du das so formulierst, dann bin ich irritiert und verwundert; ich kann diese Bewertung nicht nachvollziehen. Und ich würde in Gesprächen gern Interpretationen und Bewertungen nachvollziehen können. Magst Du mir dazu mal ein paar Beobachtungen nennen, die dazu geführt haben?“
„Da dieser Satz jedoch für viele Menschen zu lang ist, sprechen sie nur eine Bitte aus und manchmal noch in Kombination mit einer Bewertung, beispielsweise: „Wie kommst Du denn auf den Blödsinn?“
Sohn: „Ja, das ergibt Sinn für mich. Das heißt, Menschen nutzen Bewertungen und Interpretationen, um sich den Austausch leichter zu machen, oder? Und wenn man da nicht gleichermaßen bewertet, dann führt das zu Streit, weil beide wollen mit ihrer Bewertung Recht haben. Und dann wäre es gut, wenn jemand genaue Beobachtungen nennt, damit man auf einen Nenner kommt. Meint Ihr das so?“
Anja und Olaf gleichzeitig: „Genau.“
Anja: „Das Du da ein Buch in der Hand hast, ist ja genaugenommen auch nur eine Interpretation – die allerdings auch die meisten Menschen teilen würden.“
Sohn stirnrunzelnd: „Buch – Interpretation?“
Olaf: „Wir geben Dingen Namen, um es im Gespräch einfach zu haben. Wäre kompliziert, wenn ich sagen müsste, gib mir doch bitte mal den Stapel der bedruckten Papierseiten, die da zwischen den beiden bunten Pappdeckeln eingeklebt worden sind.“
Sohn denkt nach, schaut auf das „Buch“, das er in der Hand hält und sagt: „Das ist kein Buch, das ist eine Broschüre.“
Anja freut sich: „Siehst Du, wenn man etwas zugrundeliegendem verschiedene Namen gibt, dann besteht keine wirkliche Verständigung. Wenn Du das Verhalten, dass Du vorhin beschrieben hast, „Kritisieren“ nennst, hast Du eine große Wahrscheinlichkeit, dass Dein Gegenüber das nicht so nennt.“
Kurze Pause.
Sohn: „Wenn ich so daran denke, wie überall geredet wird, dann beginne ich zu verstehen, weshalb Ihr so viel zu arbeiten habt.“
Kurze Pause.
Olaf: „Zeit für eine Runde Schwimmen, oder?“
Sohn: „Das was Du da Schwimmen nennst, würde ich bei Dir aber eher Baden nennen.“
Anja freut sich wieder, Olaf versucht den Sohn in den Pool zu werfen.
Aktuelles
Für Kurzentschlossene und Übungswillige bieten wir eine Seminar(aus)zeit im Kloster Vierzehnheiligen in Bad Staffelstein an mit einem einmaligen Blick auf Kloster Banz.
Es ist eine Auszeit zum Lernen, Wachsen, Erholen, Inspirieren, Austauschen, Wandern und Naturerlebnisse schaffen. Die 3-tägige Variante unseres Grundlagen-Trainings bietet mehr Zeit für intensiveres Üben und Lernen von Gewaltfreier Kommunikation in Kombination mit Regeneration.
Falls Sie selbst keinen Bedarf haben – vielleicht möchten Sie eine bleibende Erinnerung oder sogar eine große Veränderung verschenken.
Seminare 2022
12.08.2022 Einführung „Gewaltfreie Kommunikation“ im Kloster Vierzehnheiligen (3 Tage)
04.09.2022 Bildungsurlaub „GfK und Führung“ in Dießen am Ammersee (5 Tage)
20.10.2022 Trainer(Innen)ausbildung Online (4 Module, 20 Tage, Trainerteam)
27.11.2022 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ auf Spiekeroog (5 Tage)
16.12.2022 Vertiefung „Gewaltfreie Kommunikation“ im Kloster Hünfeld (3 Tage)
Weitere Seminare 2023
06.01.2023 Wandeltage 2023 Online – Jahresausbildung GFK (6 Module á 3 Tage)
08.02.2023 Systemisches Konsensieren (Seminar zu Gruppenentscheidungen auf Augenhöhe)
21.02.2023 Schneeschuh-Tour zur Hohgant-Hütte für Einzelteilnehmer und Paare
26.02.2023 Schneeschuh-Tour zur Hohgant-Hütte nur für Paare
16.04.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ auf Baltrum (5 Tage
06.05.2023 Wandeltage 2023 Präsenz –(6 Module à 3 Tage))
22.05.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ in Dießen am Ammersee (5 Tage)
15.10.2023 Ein Führungskräftetraining auf Basis GfK auf Baltrum (5 Tage)
23.10.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ auf Spiekeroog (5 Tage)
10.12.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ am Jadebusen im Kunze-Hof (5 Tage),
Weiteres finden Sie auf unserer Website:
https://erfolgsschritte.de/seminare-trainings/termine.php
Es sind noch nicht alle Informationen zu den Seminaren aktualisiert; fragen Sie direkt bei uns nach, wenn Sie konkrete Fragen dazu haben.
Herausgeber:
Hartke Unternehmensentwicklung GmbH
Dunlopstraße 9, 33689 Bielefeld
Fon: 05205 / 7290525 und Fax: 05205 / 7290527
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