Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
über die ersten drei Schritte des Modells Gewaltfreie Kommunikation haben wir anhand des Leser-Beispiels bereits geschrieben; der Vierte Streich, er folgt sogleich.
Die ersten drei Schritte finden sind diese unter
Heute geht es mit gleichem Beispiel um das Thema „Bitten“.
Herzliche Grüße, auch heute noch aus dem gemütlichen Holzhäuschen im Bayrischen Wald, in das wir uns gerade für „Schreib-Tätigkeiten“ zurückgezogen haben.
Anja Palitza & Olaf Hartke heute aus Würzburg
PS: Noch ein Hinweis für alle Menschen, die ehrenamtlich tätig sind oder die Überlegung in sich tragen, sich ehrenamtlich engagieren zu wollen. In Jena wird über die Gesellschaft für Paritätische Soziale Arbeit ein Tagesworkshop „Konflikten einfach vorbeugen mit Gewaltfreier Kommunikation“ am 12.08.2023 kostenfrei angeboten. Wer also als ehrenamtlich tätiger Mensch uns oder die Gewaltfreie Kommunikation kennenlernen möchte ist herzlich dazu eingeladen. Vielleicht kennen Sie auch Menschen, die sich dafür interessieren würden. Anmeldungsmöglichkeit hier:
Thema: Kleine Reihe zu vier GFK-Schritten – Bitten (4/4)
Beispiel: Kürzlich schrieb uns ein (nun ehemaliger) Leser, dass er sich vom Coachingbrief abmelde, weil er nur ganz unregelmäßig erscheint und auf eine wöchentliche Ausgabe ja kein Verlass mehr sei – diesen „Rückstand“ findet er unprofessionell. Er fühlte sich als Leser „nicht ernst genommen“, schrieb er.
Information: Wir können nachvollziehen, dass er frustriert und ärgerlich ist, wenn ihn die Coachingbriefe in den letzten Wochen nicht wie geplant wöchentlich am Montag erreichen, sondern lediglich dann, wenn wir uns Zeit zum Schreiben nehmen. Denn wir konnten vermuten, dass bei ihm einige Bedürfnisse unerfüllt blieben, z.B. Verlässlichkeit auf Zusagen oder Unterstützung beim Lernen.
Ein erster Aspekt zum Thema Bitten ist, dass es ganz hilfreich ist, zur Erfüllung der eigenen Bedürfnisse nicht in Form von „Lieblings-Strategien“ von einzelnen Menschen oder Organisationen abhängig zu sehen.
Das Bedürfnis, Unterstützung beim Lernen zu erhalten, kann von unseren Coachingbriefen erfüllt werden. Doch es gibt mannigfaltige Möglichkeiten mittels anderer Strategien sein GFK-Wissen zu erweitern. Bücher, die GFK-Zeitschrift „Empathische Zeit“, Podcasts, Internetseiten, Seminare, Themen-Workshops, Übungsgruppen, Spiele…
Eine erste Bitte könnte man also im inneren Dialog an sich selbst richten: „Lieber (eigener Name), setze Dich jetzt bitte mal an den Rechner und überprüfe, welche GFK-Lernmöglichkeiten Dir neben dem Coachingbrief auch noch gefallen könnten, und entscheide Dich dann für etwas.“ (Was unser Ex-Leser vermutlich zu einem bestimmten Zeitpunkt auch getan haben wird.)
Fazit zum ersten Aspekt: Bedürfnisse können fast immer auf verschiedenste Weisen erfüllt werden; Lieblings-Strategien können sich manchmal zu Engpässen entwickeln.
Ein zweiter Aspekt diesbezüglich ist, dass wir auf die Erfüllung unserer Bedürfnisse durch die von uns gewählten „Lieblings-Erfüllungsgehilfen“ keinen Anspruch haben. Keinen moralischen und in diesem Falle auch keinen vertraglichen.
Menschen denken manchmal, „der Andere müsste aber doch…“. Ja, das denkt man häufig, doch Menschen beweisen uns im täglichen Leben immer wieder, dass sie sich unserem Denken, dass sie doch müssten, nicht durch die Erfüllung unseres Anliegens beugen. Sie bleiben standhaft beim „Nein“, ungeachtet unseres Protestes. Dies ist meistens der Start in einen Konflikt.
Marshall Rosenberg sieht Bitten als „Einladung an andere Menschen, etwas zur Verschönerung in unserem Leben beizutragen“. Und die anderen können frei entscheiden*, ob sie dies wollen. Und sie werden „Ja“ sagen, wenn es ihren eigenen Bedürfnissen entspricht oder es diese lediglich in eine „aushaltbare Nicht-Erfüllung“ brächte.
*(Nicht nach der philosophisch umstrittenen Antwort auf die Frage, ob es überhaupt eine freie Entscheidungsmöglichkeit gibt, sondern „frei“ im Sinne der GFK-Sichtweise, die, wenn es gelingt sie einzunehmen, tatsächlich zu einer persönlichen Freiheit führt.)
Und wenn Sie „Nein“ sagen, passt unsere Bitte (unser erster Strategie-Vorschlag von vielen weiteren Möglichen) noch nicht zu ihren Bedürfnissen. Und dann wird in Freundschaft und Anerkennung der beiderseitigen Autonomie ausgehandelt, welche Strategie für beide Seiten stimmig sein kann.
Zurück zum Beispiel: Wir vermuteten noch, unser Ex-Leser ist Zuverlässigkeit wichtig, das Einhalten von Absprachen. (Zitat aus der Mail: „Sie schreiben auf Ihrer Website, dass der Coachingbrief an jedem Montag erscheint, und das halten Sie nicht ein!“)
Wir schätzen es auch, wenn Menschen ihre Zusagen und Absprachen einhalten. Leider, leider – es gelingt ihnen nicht immer. In der GFK-Haltung darf dann auch Frustration auftauchen, die weist auf ein unerfülltes Bedürfnis hin; Ärger nicht direkt, sondern er weist in erster Linie darauf hin, dass man da ein Urteil über die andere Person oder ihre Handlung hat.
In der GFK-Haltung würde man sich nach den Gründen für die Nicht-Einhaltung erkundigen und ggfls. eine Bitte stellen. Oder man würde bedauern, dass das Bedürfnis von dieser Adresse gerade nicht erfüllt werden kann, statt die Idee eines „Erfüllungs-Anspruches“ aufrecht zu halten.
Ganz allgemein gilt zu Bitten:
In positiver Handlungssprache formuliert
Wir sprechen aus, was wir möchten, anstatt was wir nicht möchten.
(„Sei bitte um sieben hier, geht das?“, statt „Komm bitte nicht erst nach sieben.“)
In handlungsorientierter Sprache formuliert
Was kann der andere genau tun, um unsere Bitte zu erfüllen?
(„Ich möchte mir Dir über unsere gemeinsame Freizeit sprechen, passt das grad für Dich?“, statt „Ich möchte, dass Du mehr Zeit für mich hast.“)
Konkret und präzise formuliert
Wie soll der andere es genau tun?
(„Sei bitte um sieben hier, geht das.“, statt „Komm bitte früh genug.“)
In der Gegenwart erfüllbar; „Im Hier und Jetzt formuliert.“
Feste Zusagen für die Zukunft sind heikel; wie sehen sie als mehr oder weniger verbindliche Absichtserklärungen.
(„Lass uns bitte heute Abend gemeinsam Essen gehen, ja?“, statt „Ich möchte, dass wir zukünftig an jedem Wochenende einmal gemeinsam Essen gehen.“
Ersteres ermöglicht eine recht verbindliche Zusage, Letzteres weniger.
Um mehr Klarheit oder eine „relative Verbindlichkeit“ für die Zukunft zu erhalten
„Ich würde gern zukünftig an jedem Wochenende einmal gemeinsam mit Dir Essen gehen und jetzt mit Dir überlegen, wenn Du das auch möchtest, wie wir das vereinbaren können und gleichzeitig eine gewisse Flexibilität dabei behalten können. Bist Du damit einverstanden?“
Die Entscheidungsfreiheit des anderen berücksichtigend formuliert
Jeder entscheidet selbst, ob er die Bitte erfüllen möchte oder nicht. Wir möchten Kooperation und machen keine Forderung daraus. Das verdeutlichen wir durch eine Bitte in Frageform.
(„Ich hätte gern…, geht das?“; „Kannst Du bitte für mich…?“; „… passt das?“; „… ist das für Dich einrichtbar?“; „… einverstanden?“; „…, OK?“; „…, ja?“; „… oder spricht etwas dagegen?“)
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Unsere kleine Reihe zu den vier GFK-Schritte schließen wir damit ab. Wir wissen – ein Coachingbrief kann niemals so genau und so umfangreich beantworten, wie manche Fragen oder Unklarheiten es erfordern.
Es war auch nicht die Absicht, die vier Schritte vollumfänglich zu behandeln, dafür gibt es Bücher oder Trainings.
Dennoch, wir unterstützen Sie gern in Ihrer GFK-Entwicklung. Wenn gerade konkrete Fragen „lebendig“ sind, schreiben sie uns gern eine Antwort-Mail.
Wochenaufgabe: Versuchen Sie auf die „Fünf Kriterien für erfolgversprechende Bitten“ zu achten. Untersuchen Sie einmal die Bitten anderer auf die fünf Kriterien hin. Welche sind in der Bitte berücksichtigt, welche nicht?
Nicht, um danach belehren zu können, sondern zum stillen Üben. Vielleicht auch zum Nachfragen, um die Bitten Ihres Gegenübers erfolgversprechender zu machen. 😊
Aktuelles
Kloster-Auszeit für Unternehmer-Paare
Gratis-Workshop als Kennenlern-Angebot
Diese Planungszeit im Kloster ist für Unternehmerpaare viermal im Jahr eine bewährte Vorbereitungszeit, um entspannt und ausgerichtet alte und neue Ziele anzugehen – berufliche und private. Denn lediglich wirtschaftlicher Erfolg als UnternehmerIn reicht für ein glückliches Leben nicht aus. Wir brauchen Erfreuliches auf mehreren Ebenen, denn es geht im Leben auch um partnerschaftliche, gesundheitliche und familiäre Erfolge.
Kennenlern-Angebot: Interessierte Paare, die als Selbständige miteinander arbeiten, laden wir ein, einmal in einem kompletten Workshop in die bestehende Gruppe „hineinzuschnuppern“.
Nächste Termine: 14./15. September (Vorabendanreise + 1 Tag), 07.-09. Dezember (Vorabendanreise + 2 Tage)
Mehr Informationen hier
Gratis-Webinar
Tragfähige Team-Entscheidungen treffen
Möchten Sie eine Methodik für Gruppen-Entscheidungen kennenlernen, die zu gemeinsamen Entscheidungen mit großer Tragfähigkeit führt? Wir stellen Ihnen das Modell „Systemisches Konsensieren (SK)“ an drei verschiedenen Praxisbeispielen vor.
Gemeinsames Webinar mit SK-Moderator Alexio Schulze-Castro und uns
Nächste Termine:
07.08.2023 von 09-10 Uhr
Anmeldung und zusätzliche Infos:
Neue Podcast-Aufnahme zum Thema „Systemisches Konsensieren“
von und mit Peter Schmid, Alexio Schulze-Castro und uns
GFK-Tage in Thüringen vom 06.10-08.10.2023
Die Anmeldung ist ab sofort möglich unter:
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Seminare 2023
25.08.2023 „Wandeltage unendlich“ – Fortsetzung des Jahreskurses im Kloster Hünfeld (3 Tage, nur für ehemalige Teilnehmende der bisherigen Jahresgruppen)
15.09.2023 Auszeit im Kloster für Unternehmer-Paare (1 Tag mit Vorabendanreise)
06.10.2023 Wandeltage 2023 – Jahresgruppe Online –(6 Module à 3 Tage)
15.10.2023 Ein Führungskräftetraining auf Basis GfK auf Baltrum (5 Tage)
23.10.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ auf Spiekeroog (5 Tage)
09.11.2023 Trainer(Innen)-Ausbildung Online (4 Module, 20 Tage, Trainerteam)
08.12.2023 Auszeit im Kloster für Unternehmer-Paare (2 Tage mit Vorabendanreise und Film)
10.12.2023 Bildungsurlaub „Einführung GfK“ am Jadebusen im Kunze-Hof (5 Tage)
15.12.2023 NEU GFK-Übungsseminar-Seminar Kunze-Hof am Jadebusen (2 Tage)
Weiteres finden Sie auf unserer Website:
Es sind noch nicht alle Informationen zu den Seminaren aktualisiert; fragen Sie direkt bei uns nach, wenn Sie konkrete Fragen dazu haben.
Herausgeber:
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Fon: 05205 / 7290525 und Fax: 05205 / 7290527
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